Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

Auf dieser Seite finden Sie den vollständigen Text der Entscheidungen, die für die Strafrechtskanzlei Dietrich relevant sind.

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Anwalt für Strafrecht: Drogenstrafrecht / Strafzumessung

Bei einer Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln darf die Fortsetzung des Betäubungsmittelkonsums nicht generell strafschärfend für den Beschuldigten bewertet werden.

In seinem Beschluss vom 25. Februar 2016 - 2 StR 39/16 hat der Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt, dass ein fortgesetzter Eigenkonsum von Drogen bei der Strafzumessung nicht unbedingt nachteilig bewertet werden darf.
Das Landgericht Bonn hatte den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Dabei hatte es strafschärfend berücksichtigt, dass der Angeklagte während des laufenden Verfahrens weiter, wenn auch reduziert, Betäubungsmittel konsumiert hat. Der Angeklagte hatte nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft gelegentlich Joints geraucht und zweimal Amphetamin konsumiert. Der straflose Eigenkonsum von Drogen ist jedoch nach Ansicht des BGH bei dieser Sachlage kein bestimmender Strafschärfungsgrund, sodass der Strafausspruch keinen Bestand haben konnte.

Anwalt für Strafrecht: Wohnungseinbruchdiebstahl

Wer durch die Terrassentür in eine Wohnung gelangt, begeht auch dann keinen Wohnungseinbruchdiebstahl, wenn die Tür auf manipulative Art und Weise geöffnet wird.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Beschluss vom 10. März 2016 - 3 StR 404/15 entschieden, dass derjenige, der eine Räumlichkeit durch eine zum ordnungsgemäßen Zugang bestimmte Tür betritt, sich nicht wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls nach § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB strafbar macht, unabhängig davon, auf welche Weise er die Tür geöffnet hat.
Der Entscheidung lag der folgende Sachverhalt zugrunde: Der Angeklagte hatte aus einem Wohnhaus Alkohol entwendet. Um in das Wohnhaus zu gelangen, griff er durch ein auf Kipp stehendes Fenster und löste die am oberen Fensterrahmen angebrachte Verriegelungsschiene. Dadurch war es ihm möglich, das Fenster weiter nach hinten zu kippen, den Griff der danebenliegenden Terrassentür umzulegen und die Wohnung zu betreten.
Da das hier in Betracht kommende Merkmal des Einsteigens in eine Wohnung aber erfordert, dass durch eine zum ordnungsgemäßen Eintreten nicht bestimmte Öffnung unter Überwindung eines entgegenstehenden Hindernisses eingedrungen wird, war der Tatbestand nach Ansicht des BGH nicht erfüllt. Die Terrassentür sei eine zum Eintreten bestimmte Tür, was auch nicht dadurch verneint werden könne, dass sie auf manipulative Art und Weise geöffnet werde.

Anwalt für Strafrecht: Bußgeldverfahren

Erkenntnisse, die die Ermittlungsbehörden in einem Strafverfahren durch die Überwachung von Telekommunikation gewonnen haben, dürfen in einem Bußgeldverfahren nicht verwendet werden.

In seinem aktuellen Beschluss vom 14.12.2015 - 2 Ss (OWi) 294/15 hat das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg entschieden, dass Erkenntnisse, die einem Strafverfahren durch Abhören von Telekommunikation erlangt wurden, nicht in einem Bußgeldverfahren verwendet werden dürfen.
Betroffen war ein Polizeibeamter, der sich gegen einen Bußgeldbescheid seiner Polizeidirektion wehren wollte. In dem Bescheid wurde er zur Zahlung eines Bußgeldes verurteilt, weil er ohne dienstlichen Grund Auskünfte von verschiedenen Personen über das polizeiliche Auskunftssystem abgefragt hatte. Über diese Erkenntnisse verfügte die Polizeidirektion aber nur, weil gegen den Polizeibeamten vorher ein Strafverfahren wegen Bestechlichkeit eingeleitet wurde, in dem eine Telefonüberwachung des Betroffenen stattfand. Der Vorwurf der Bestechlichkeit konnte nicht bestätigt werden, sodass das Strafverfahren eingestellt werden musste. Dass die Polizeidirektion die Daten aber dennoch für die Verfolgung des Betroffenen in einem Bußgeldverfahren verwendete, war unzulässig. Zwar können die im Rahmen einer Telefonüberwachung gewonnen Daten unter bestimmten Voraussetzungen in einem anderen Strafverfahren gegen den Betroffenen verwendet werden. Dies gilt aber nach Ansicht des OLG Oldenburg nicht für ein Bußgeldverfahren und ist im Übrigen unverhältnismäßig.

Anwalt für Strafrecht: Raub / Diebstahl

Die für den Raub erforderliche Zueignungsabsicht ist nicht gegeben, wenn ein Handy lediglich zu dem Zweck genommen wird, es nach Fotos zu durchsuchen und diese zu löschen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Beschluss vom 28.4.2015 - 3 StR 48/15 entschieden, dass die Wegnahme eines Mobiltelefons, um an Bilddateien zu gelangen und diese zu löschen, den Tatbestand des Raubes nicht erfüllt. Die erforderliche Zueignungsabsicht, die sowohl beim Raub als auch beim Diebstahl vorliegen muss, fehlt, wenn es dem Wegnehmenden auf das Handy selbst nicht ankommt.

Zueignungsabsicht hat, wer sich oder einem Dritten die Sache zumindest vorübergehend aneignen und den Eigentümer dauerhaft aus seiner Eigentumsposition verdrängen will. Sie muss sich auf die Sache selbst oder ihren Wert richten. Nach Ansicht des BGH ist Zueignungsabsicht nicht gegeben, wenn ein Mobiltelefon zum Zeitpunkt der Wegnahme nicht über die zur Löschung der Bilder benötigte Zeit hinaus behalten werden soll. Dass die beabsichtigte Durchsuchung des Speichers im Rahmen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs der Sache liegt, ist für den BGH unschädlich, da der Sachgebrauch jedenfalls nicht zum Verbrauch der Sache führt.
Damit hob der BGH eine Verurteilung der Angeklagten durch das Landgericht Kleve wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung auf. Die Angeklagten hatten dem Geschädigten sein Handy unter Gewalteinwirkung weggenommen, um nach Bildern zu suchen und diese zu löschen. Das Handy wollten sie dem Geschädigten nicht zurückgeben und über dessen Verbleib zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden.

Anwalt für Strafrecht: Untersuchungshaft

Begründet der Angeklagte einen Wohnsitz im (EU-) Ausland und verschleiert seinen tatsächlichen Aufenthalt, kann sich unter Umständen der Haftgrund der Fluchtgefahr ergeben.

Das Kammergericht in Berlin hat mit Beschluss vom 08. Februar 2016 - 5 Ws 12/16 entschieden, dass sich der Haftgrund der Fluchtgefahr gem. § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO daraus ergeben kann, dass der Angeklagte einen Wohnsitz im (EU-) Ausland begründet und seinen Aufenthalt derart verschleiert, dass er für die deutschen Behörden nicht erreichbar ist. Der Angeklagte war wegen insgesamt 14 Betrugstaten per Haftbefehl gesucht und schließlich auf Mallorca verhaftet worden. Nach seiner Auslieferung wurde der Angeklagte Im Strafverfahren vor dem Amtsgericht Tiergarten zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die Berufung gegen dieses Urteil wurde verworfen. Über die Revision ist noch nicht entschieden. Mit beiden Urteilen wurde jeweils die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet. Diese Anordnung der U-Haft wegen Fluchtgefahr wird nun durch das Kammergericht bestätigt.

Das Kammergericht stützt seine Entscheidung darauf, dass die Untersuchungshaft nicht nur die Durchführung des Strafverfahrens sicherstellen soll, sondern auch den Vollzug einer zu erwartenden Freiheitsstrafe. Unter Anrechnung der bisher erlittenen Auslieferungs- und Untersuchungshaft bliebe nach Rechtskraft des Urteils immer noch eine Restfreiheitsstrafe von etwas mehr als einem Jahr und zehn Monaten zu erwarten. Diese biete dem Angeklagten erheblichen Anreiz, sich der Strafvollstreckung zu entziehen. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der Angeklagte bereits seit Februar 2013 unbekannten Aufenthalts und damit für die deutschen Behörden faktisch unerreichbar gewesen war. An seiner angegebenen Meldeanschrift in Deutschland wurde der Angeklagte seinerzeit nicht angetroffen, zudem ergaben sich Hinweise darauf, dass die angegebene Wohnung tatsächlich leer stand. Später verlegte der Angeklagte seinen Wohnsitz nach Mallorca, ohne sich bei den deutschen Behörden abzumelden. Auch in Spanien war der Angeklagte ersichtlich um Geheimhaltung seines Aufenthaltsortes bemüht und verwendete lediglich eine Postfachanschrift. Aufgrund dieser Umstände sei nach Auffassung des Kammergerichts auch zukünftig damit zu rechnen, dass der Angeklagte im Falle seiner Haftentlassung untertauchen und sich der Strafvollstreckung entziehen würde, sodass im konkreten Fall der Haftgrund der Fluchtgefahr bestehe.

Anwalt für Strafrecht: Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion

Im Rahmen des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion gem. § 308 StGB können auch Gase das Tatbestandsmerkmal "Sprengstoff" erfüllen.

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 08. Dezember 2015 - 3 StR 438/15 klargestellt, dass "Sprengstoff" im Sinne des § 308 StGB auch Gase sein können. Der Entscheidung lag eine Serie von Überfällen auf Geldautomaten zugrunde, bei denen eine Bande verschiedene Geldautomaten aufgesprengt und das darin befindliche Geld entwendet hatte. Zur Sprengung der Geldautomaten wurde ein Gemisch aus brennbaren Gasen und Sauerstoff in die Automaten geleitet und dann mittels eines eingeleiteten elektrischen Zünders zur Explosion gebracht. Durch die Einordnung der verwendeten Gase als Sprengstoff im Sinne des § 308 StGB schafft der BGH nun etwas Klarheit in der juristischen Debatte um die rechtliche Qualität von Sprengstoffen. Dabei schließt sich der BGH der alten Definition des Reichsgerichts an, das Sprengstoffe als alle explosiven Stoffe beschrieb, welche sich zur Verwendung als Sprengmittel eignen, also alle diejenigen Stoffe, die bei Entzündung eine gewaltsame und plötzliche Ausdehnung dehnbarer (elastischer) Flüssigkeiten und Gase hervorrufen, und geeignet sind, dadurch den Erfolg einer Zerstörung herbeizuführen. Der Aggregatzustand des Stoffes sei demnach unerheblich.

Anwalt für Strafrecht: Pflichtverteidiger

Allein das Bestehen eines polytoxen Abhängigkeitsmusters eines drogenabhängigen Angeklagten rechtfertigt noch nicht die Annahme der Unfähigkeit zur selbständigen Verteidigung vor Gericht und einer damit verbundenen Pflichtverteidigerbestellung gem. § 140 Abs. 2 StPO

Das Kammergericht in Berlin hat mit Beschluss vom 23. Februar 2016 - 3 Ws 87/16 entschieden, dass allein das Bestehen eines polytoxen Abhängigkeitsmusters bei einem drogenabhängigen Angeklagten noch nicht für die Annahme ausreicht, der Angeklagte könne sich nicht selbst vor Gericht verteidigen und benötige deshalb gem. § 140 Abs. 2 StPO einen Pflichtverteidiger. Damit verwarf das Kammergericht die Beschwerde des Angeklagten gegen die Ablehnung der Pflichtverteidigerbestellung durch das Landgericht Berlin.

Der Angeklagte hatte unter dem Einfluss von Alkohol und Rohypnol einen Imbissbetreiber verletzt und sich gegen seine anschließende Festnahme durch die Polizei gewehrt, weshalb er vom Amtsgericht wegen Körperverletzung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt worden war. Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte Berufung ein und rügte, dass ein wichtiger Zeuge nicht gehört worden sei. Mehrere Wochen später beantragte der Angeklagte die Bestellung eines Pflichtverteidigers, was vom Landgericht jedoch abgelehnt wurde. Das Kammergericht bestätigt diese Entscheidung.

Neben den in § 140 Abs. 1 StPO genannten Fällen kann ein Pflichtverteidiger gem. § 140 Abs. 2 StPO auch dann bestellt werden, wenn ersichtlich ist, dass der Beschuldigte sich nicht selbst verteidigen kann. Die Verteidigungsfähigkeit des Beschuldigten ist nach den Ausführungen des Kammergerichts unter anderem nach seinen geistigen Fähigkeiten, seinem Gesundheitszustand und den sonstigen Umständen des Falles zu beurteilen. Als Indiz für eine Verhandlungsunfähigkeit gilt demnach eine gesetzliche Betreuung des Beschuldigten. Zwar bestehe beim Angeklagten ein polytoxes Abhängigkeitsmuster, jedoch sprechen mehrere Umstände nicht für eine Verteidigungsunfähigkeit des Angeklagten. So sei dieser pünktlich zum Verhandlungstermin erschienen, habe fristgemäß Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegt, zusätzlich die nicht erfolgte Anhörung eines Zeugen gerügt und diesen auch namentlich benannt. Dies stelle ein vernünftiges Verteidigungsverhalten des Angeklagten dar. Auch stehe der Angeklagte nicht unter Betreuung. Insgesamt weise das Verfahren auch keine anderen Besonderheiten auf, die eine notwendige Verteidigung begründen würden. Daher war die Ablehnung der Pflichtverteidigerbestellung durch das Landgericht rechtmäßig. Das Kammergericht weist abschließend jedoch darauf hin, dass das Landgericht nicht gehindert sei, noch einen Pflichtverteidiger zu bestellen, wenn sich die Situation in der Hauptverhandlung anders darstellen sollte.

Anwalt für Strafrecht: Strafprozessrecht

Ein der deutschen Sprache nicht mächtiger Angeklagter hat das Recht, bereits vor Beginn der Hauptverhandlung eine Übersetzung der Anklageschrift in einer für ihn verständlichen Sprache zu erhalten.

In seinem Urteil vom 23. Dezember 2015 - 2 StR 457/14 hat der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt, dass es gegen Art. 6 Abs. 3 Buchst. a) EMRK und den Grundsatz des fairen Verfahrens verstößt, wenn dem der deutschen Sprache nicht mächtigen Angeklagten nicht bereits vor Beginn der Hauptverhandlung eine Übersetzung der Anklageschrift in einer für ihn verständlichen Sprache zugeleitet wird. Allein die mündliche Übersetzung der Anklageschrift in der Hauptverhandlung genüge nur ausnahmsweise, wenn der Verfahrensgegenstand tatsächlich und rechtlich einfach zu überschauen sei.
Wurde dem Angeklagten die Anklageschrift nicht ordnungsgemäß mitgeteilt, so kann er nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich die Aussetzung der Hauptverhandlung verlangen, um seine Verteidigung auf der Grundlage der Anklageschrift ausreichend vorbereiten zu können. Bei der Entscheidung über die Aussetzung steht dem Gericht zwar ein Ermessensspielraum zu. Weist das Gericht den Aussetzungsantrag jedoch zurück, ohne sich seines Ermessens überhaupt bewusst zu sein, so stellt dies nach Ausführungen des BGH einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 3 Buchst. a) EMRK dar, auf dem das Urteil in der Regel beruht.

Anwalt für Strafrecht: Diebstahl mit Waffen

Der Tatbestand des Diebstahls mit Waffen in der Variante des Beisichführens eines gefährlichen Werkzeuges gem. § 244 Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB setzt in subjektiver Hinsicht zumindest ein allgemeines "parates Wissen" hinsichtlich der Verfügungsmöglichkeit über das Werkzeug bei Begehung der Tat voraus.

Mit Beschluss vom 03.11.2015 - (5) 121 Ss 203/15 (53/15) hat sich das Kammergericht zu den Anforderungen an den subjektiven Tatbestand des Diebstahls mit Waffen geäußert. Der Angeklagte hatte einen Diebstahl begangen, bei dem er ein Klappmesser in seiner Hosentasche mitführte. Daher wurde er vom Amtsgericht Tiergarten in Berlin wegen Diebstahls mit Waffen gem. § 244 Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB verurteilt. Das Kammergericht hob dieses Urteil mit der Begründung auf, das Amtsgericht habe keine hinreichenden Feststellungen zur inneren Tatseite (subjektiver Tatbestand) getroffen.

Insofern führt das Kammergericht aus, dass ein Diebstahl mit Waffen in Form des Beisichführens eines gefährlichen Werkzeuges zumindest das allgemeine tatsächliche Bewusstsein voraussetzt, dass man bei der Begehung der Tat ein funktionsbereites gefährliches Werkzeug zur Verfügung hat (sog. parates Wissen). Das Amtsgericht hatte lediglich festgestellt, dass sich das Messer in der Hosentasche des Angeklagten befand, weshalb ihm bewusst war, dass das Messer griffbereit ist und damit die Voraussetzungen eines Diebstahls mit Waffen erfüllt seien. Das Kammergericht jedoch betonte, dass allein der Umstand, dass das Messer generell griffbereit ist, nichts über das Bewusstsein des Angeklagten darüber aussagt. Jedoch kommt es gerade darauf an. Ferner liege ein entsprechendes Bewusstsein bei dem Klappmesser auch nicht auf der Hand, zumal die genaue Beschaffenheit des Messers auch nicht festgestellt wurde. Im Ergebnis hob das Kammergericht das Urteil auf und verwies es zu erneuter Entscheidung an das Amtsgericht zurück.

Anwalt für Strafrecht: Wiederaufnahme des Verfahrens

Ein Sachverständiger ist in einem Wiederaufnahmeverfahren ein neues Beweismittel gem. § 359 Nr. 5 StPO, wenn das Gericht bei der Urteilsbildung keinen Sachverständigen gehört hat und die eigene Sachkunde in den Urteilsgründen nicht ausreichend erörtert wurde.

Das Landgericht Stuttgart hat mit Beschluss vom 15.12.2015 - 17 Qs 71/15 entschieden, dass ein Sachverständiger ein neues Beweismittel in einem Wiederaufnahmeverfahren gem. § 359 Nr. 5 StPO darstellt, wenn bisherige Urteilsfeststellungen keinen Anlass dazu geboten haben, einen Sachverständigen zu befragen oder das Gericht bei der Urteilsbildung aufgrund eigener Sachkunde keinen Sachverständigen hinzugezogen hat.

Vorausgegangen war ein Verfahren, in dem der Angeklagte durch das Amtsgericht Stuttgart wegen Erschleichens von Leistungen verurteilt wurde. Nachdem das Urteil rechtskräftig geworden ist, stellte der Verurteilte einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens. Als Begründung legte er ein psychiatrisches Gutachten vor. In diesem konstatierte der erstmals herangezogene Sachverständige, dass die Schuldunfähigkeit des Verurteilten gem. § 20 StGB zur Tatzeit nicht ausgeschlossen sei.
Das zuständige Amtsgericht lehnte den Antrag zur Wiederaufnahme des Verfahrens ab. Als Begründung führte es aus, aufgrund eigener Sachkunde keinen Sachverständigen hinzugezogen zu haben. Demzufolge sei der Sachverständige kein neues Beweismittel im Sinne des § 359 Nr. 5 StPO.
Dieser Auffassung schloss sich das Landgericht nicht an. Da zur Urteilsbildung des Amtsgerichts kein Sachverständiger herangezogen wurde und das Amtsgericht die ihm bekannte Psychose des Verurteilten vor dem Hintergrund des § 20 StGB nicht nachvollziehbar dargelegt hatte, ist der Sachverständige gem. § 359 Nr. 5 StPO ein neues Beweismittel.
Folglich ist der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zulässig.