Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

Auf dieser Seite finden Sie den vollständigen Text der Entscheidungen, die für die Strafrechtskanzlei Dietrich relevant sind.

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Anwalt für Strafrecht: Untreue

Ein Vermögensnachteil im Rahmen einer Untreue tritt bei einem betroffenen Testamentierunfähigen nicht bereits dann ein, wenn sich sein vermögensfürsorgepflichtiger gesetzlicher Betreuer zu eigenen Gunsten im Testament des Betroffenen eintragen lässt.

Um sich wegen Untreue strafbar zu machen muss bei dem Betroffenen in Folge der Handlung des Beschuldigten ein Vermögensnachteil eintreten. Ein Vermögensnachteil kann dann eintreten, wenn das Vermögen als solches so gefährdet ist, dass daraus ein Vermögensnachteil im Sinne eines Betruges resultiert. Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des Bundesgerichthofs vom 24. Juli 2018 zugrunde liegenden Sachverhalt, war gerichtlich bestellter Betreuer der testamentierunfähigen Betroffenen. In Rahmen seiner Tätigkeit als Betreuer war er unter anderem für deren Vermögensfürsorge zuständig. Der Beschuldigte veranlasste in Kenntnis der Testamentierunfähigkeit die Errichtung eines notariellen Testaments. Hierin ließ er sich als Testamentsvollstrecker eintragen und legte seine Vergütung hierfür fest. Nach dem Tod der Betroffenen entnahm er aus deren Vermögen die Testamentsvollstreckungsvergütung. Dem BGH stellte sich im Zuge dessen die Frage, ob ein Gefährdungsschaden bereits dann vorliegt, wenn sich ein vermögensfürsorgepflichtiger gesetzlicher Betreuer durch einen vom ihm betreuten Testierunfähigen, testamentarisch begünstigen lässt. Nach Auffassung des BGH ist dies zu verneinen. Solange die Person lebt ist durch die Begünstigung im Testament der Wert ihres Vermögens nicht geschmälert. Dass sie infolge von Testierunfähigkeit über ihr Vermögen nicht anderweitig letztwillig verfügen kann, berührt allein ihre Despositionsfreiheit. 

Anwalt für Strafrecht: Bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln

Führt ein Gehilfe des Beschuldigten eine Waffe oder einen gefährlichen Gegenstand mit sich, macht sich der Beschuldigte grundsätzlich nicht wegen bewaffnetem Handeltreibens mit Betäubungsmitteln strafbar. Dies ist dann nicht der Fall, wenn der Beschuldigte jederzeit auf die Waffe zugreifen oder über deren Einsatz im Wege eines Befehls verfügen konnte.

Der Bundesgerichthof setzte sich in seinem Beschluss vom 21. März 2017 (1 StR 19/17) mit der Frage auseinander, unter welchen Umständen eine von einem Gehilfen getragene Waffe oder ein gefährlicher Gegenstand zum Vorliegen bewaffneten Handeltreibens durch den Beschuldigten führen kann. Bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gemäß §30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG liegt grundsätzlich dann nicht vor, wenn lediglich eine als Gehilfe am Grunddelikt strafbar beteiligte Person während der Deliktsbegehung eine Schusswaffe oder einen sonstigen Gegenstand mit sich führt, der seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist. Die Gehilfen des Beschuldigten waren an einer Rangelei beteiligt, nach welcher der Betroffene einem der Gehilfen 250 Gramm Marihuana übergab. Anschließend zeigte einer der Gehilfen dem Betroffenen, dass er ein Messer mit sich führt. Ab diesem Zeitpunkt erkannte der Beschuldigte, dass der Gehilfe ein Messer mit sich führte und bereit war, dieses zur Verteidigung einzusetzen. Der Beschuldigte billigte dies. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs machte sich der Beschuldigte hier nicht wegen des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln strafbar. Der Beschuldigte erhielt erst zufällig Kenntnis vom Messer seines Gehilfen. Somit liegt es fern, dass er jederzeit auf dieses zugreifen oder über dessen Einsatz im Wege eines Befehls verfügen konnte.

Anwalt für Strafrecht: Einschleusen von Ausländern mit Todesfolge

Das Ertrinken von Personen auf einem Schlauchboot kann bei der Strafzumessung, im Rahmen des Einschleusens von Ausländern, auch dann zulasten des Beschuldigten beachtete werden, wenn die Ertrunkenen keine tauglichen Betroffenen der Haupttat sind.

, im Rahmen des Einschleusens von Ausländern, auch dann zulasten des Beschuldigten beachtete werden, wenn die Ertrunkenen keine tauglichen Betroffenen der Haupttat sind.

Bei der Strafzumessung hat das Gericht die Umstände abzuwägen, welche für und gegen den Beschuldigten sprechen. Dies kann erheblichen Einfluss auf die zu verhängende Strafe haben. In seinem Urteil vom 4. Dezember 2018 (1 StR 255/18) befasste sich der Bundesgerichtshof mit der Frage, inwiefern beim Einschleusen von Ausländern, das Ertrinken von Personen auf eine Schlauchboot bei der Strafzumessung berücksichtigt werden kann, selbst wenn die Betroffenen keine tauglichen Betroffenen der Haupttat sind. Der Beschuldigte vermittelte Überfahrten von der türkischen Küste nach Griechenland an Schleusungswillige. Der Beschuldigte erhielt für jede vermittelte Person eine Vergütung. Dem Beschuldigten war bewusst, dass die Schleusungswilligen auf nicht zur Überfahrt geeigneten Booten untergebracht werden. Eines der Boote sank infolge einer Kollision. Die fünf vom Beschuldigten vermittelten Bootsinsassen überlebten, jedoch ertranken infolge der Kollision 13 Menschen, darunter auch Kinder. Bezüglich der Gestorbenen hatte der Beschuldigte keinerlei Maßnahmen im Zusammenhang mit der Schleusung ergriffen. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs kann der Tod der Kinder bei der Überfahrt trotzdem zu Lasten des Beschuldigten in der Strafzumessung berücksichtigt werden. Dies ist möglich obwohl die Verstorbenen aufgrund des Grundsatz der limitierten Akzessorietät nicht taugliche Betroffene im Sinne des § 97 Abs. 1 AufenthG sind, da es an einer vorsätzlichen Haupttat fehlt und sie somit keine „Geschleusten“ im Sinne der Vorschrift sind.

Anwalt für Strafrecht: Berufsverbot

Bei der Beurteilung, ob ein Berufsverbot zu verhängen ist, hat das Gericht zu beachten, wie lange der Beschuldigte in seinem Beruf beschäftigt war und wie er diesen ausgeübt hat.

Ein Berufsverbot ist ein schwerwiegender Eingriff, mit dem die Allgemeinheit vor weiterer Gefährdung geschützt werden soll. Es darf nur dann verhängt werden, wenn die Gefahr besteht, dass der Beschuldige auch in Zukunft den Beruf, dessen Ausübung ihm verboten werden soll, zur Verübung erheblicher Straftaten missbrauchen wird. Voraussetzung hierfür ist, dass eine Gesamtwürdigung des Beschuldigten und seiner Taten den Richter zu der Überzeugung führt, dass die Wahrscheinlichkeit künftiger ähnlicher erheblicher Rechtsverletzungen durch den Beschuldigten besteht. Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 9. Oktober 2018 (1 StR 418/18) zugrunde liegenden Sachverhalt, war Pfleger in einem Krankenhaus. Er versetzte die Betroffene mittels Narkosemittel in einen Zustand der Bewusstlosigkeit, um sich an ihr sexuell zu vergehen, was er auch tat. Im Anschluss hieran verhängte das Landgericht ein Berufsverbot in Höhe von fünf Jahren. Dem BGH stellts sich die Frage, welche Anforderungen an die Gefahrenprognose zu stellen sind. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs wäre die Entscheidung des Landgerichts gerechtfertigt gewesen, wenn es bei der Gefahrenprognose in den Blick genommen hätte, inwiefern der Beschuldigte langjährig als Krankenpfleger beschäftigt war und im Übrigen seinen Beruf ausgeübt hat.

Anwalt für Strafrecht: Besonders schwerer Fall der Urkundenfälschung

Eine große Zahl unechter oder verfälschter Urkunden, im Sinne eines besonders schweren Falls der Urkundenfälschung, ist ab 25 Urkunden gegeben.

Ein Beschuldigter kann sich wegen eines besonders schweren Falls der Urkundenfälschung strafbar machen, wenn er eine große Zahl unechter oder verfälschter Urkunden herstellt. Liegt ein besonders schwerer Fall der Urkundenfälschung vor, so führt dies zu einer gravierenden Verschärfung des zur Verfügung stehenden Strafrahmens gegenüber dem Grundtatbestand der Urkundenfälschung. Deshalb darf die „große Zahl“ von unechten oder verfälschten Urkunden nicht zu niedrig bestimmt sein. Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des Bundesgerichthofs vom 9. Oktober 2018 (5 StR 153/18) zugrunde liegenden Sachverhalt, verfälschte die Datensätze von drei rechtmäßig auf seinen Namen ausgestellten Prepaid-Kreditkarten und stellte zwei Totalfälschungen weiterer Kreditkarten her. Darüber hinaus fertigte der Beschuldigte 22 ID-Karten verschiedener EU-Länder an. Der BGH hatte sich in Folge dessen damit zu befassen, ab welcher Anzahl an gefälschten oder unechten Urkunden eine „große Zahl“ entsprechender Urkunden vorliegt. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs muss der Unrechtsgehalt der Fälschungshandlungen die hohe Strafandrohung widerspiegeln. Deshalb liegt eine „große Zahl“ unechter oder verfälschter Urkunden erst ab einer Mindestanzahl von 25 Urkunden vor.

Anwalt für Strafrecht: Unterlassene Hilfeleistung

Allein der Umstand, dass ein Beschuldigter Mieter einer Wohnung ist, in welcher eine andere Person körperlich misshandelt wird, sagt noch nichts über dessen Pflicht aus, bezüglich der körperlichen Misshandlungen einzuschreiten.

Dem Bundesgerichthof stellte sich in seinem Beschluss vom 11. April 2017 (2 StR 354/16) die Frage, ob ein Mieter, in dessen Wohnung eine Straftat begangen wird, gezwungen ist, Hilfe zu leisten. Um sich wegen unterlassener Hilfeleistung strafbar zu machen, muss dem Beschuldigten eine Hilfeleistung zumutbar und möglich gewesen sein. Begehen Dritte Taten, so muss es dem Beschuldigten möglich sein, diese mit seiner Handlung dazu zu bewegen die Taten zu unterlassen oder zu beenden. Die Beschuldigte in dem, dem Beschluss des BGH zugrunde liegenden Sachverhalt, war Mieterin einer Wohnung. In dieser Wohnung misshandelten Dritte den Betroffenen körperlich. Die beschuldigte Mieterin war hierbei anwesend, unternahm jedoch nichts. Das Landgericht verurteilte die Beschuldigte im Anschluss hieran wegen unterlassener Hilfeleistung. Dies begründete das Landgericht damit, dass es für sie als Mieterin möglich und zumutbar gewesen wäre, zugunsten des Betroffenen einzuschreiten. Dem schloss sich der Bundesgerichtshof nicht an. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs besagt allein der Umstand, dass die Beschuldigte Mieterin der Wohnung war, in welcher die Misshandlungen stattfanden, für sich genommen noch nichts aus.

Anwalt für Verkehrsstrafrecht: Fahrverbot und Fahrerlaubnisentziehung

Das Verhängen eines Fahrverbots und einer Fahrerlaubnisentziehung bzw. Festsetzung einer isolierten Sperrfrist schließen einander regelmäßig aus. Dies ist dann nicht der Fall, wenn das Gericht dem Beschuldigten das Fahren mit fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen verbieten oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen von der Sperre ausnehmen will.

In seinem Beschluss vom 7. August 2018 (3 StR 204/18) setzte sich der Bundesgerichtshof mit der Frage auseinander, ob ein Fahrverbot und eine Fahrerlaubnisentziehung gleichzeitig verhängt werden dürfen. Der Beschuldigte machte sich wegen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und vorsätzlichem Fahrens ohne Fahrerlaubnis strafbar. Das Landgericht entscheid daraufhin, dass dem Beschuldigten vor Ablauf von neun Monaten keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf und dem Beschuldigten wurde untersagt für die Dauer von drei Monaten im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder Art zu führen. Das Fahrverbot begründete das Landgericht damit, dass dieses als „Denkzettel zur Einwirkung auf den Beschuldigten erforderlich sei“. Dem schloss sich der Bundesgerichtshof nicht an. Nach Auffassung des Bundesgerichthofs schließen Fahrverbot und Fahrerlaubnisentziehung, bzw. Festsetzung einer isolierten Sperrfrist einander regelmäßig aus. Dies ist nur dann nicht der Fall, wenn das Gericht dem Beschuldigten das Fahren mit fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen verbieten oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen von der Sperre ausnehmen will.  

Anwalt für Sexualstrafrecht: Sexuelle Belästigung

Für den Vorsatz des Beschuldigten bezüglich einer sexuellen Belästigung muss sich der Beschuldigte des sexuellen Charakters seines Tuns bewusst sein.

Um sich wegen einer sexuellen Belästigung strafbar zu machen, muss der Beschuldigte den Betroffenen in sexueller Weise berührt haben. Dass jemand in sexueller Weise berührt wurde ist dann zu bejahen, wenn die Berührung einen Sexualbezug bereits objektiv, also gemessen an dem äußeren Erscheinungsbild, erkennen lässt. Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Beschluss vom 13. März 2018 (4 StR 570/17) damit, unter welchen Umständen ein Beschuldigter einen Vorsatz bezüglich einer sexuellen Belästigung hat. Die Beschuldigte wurde durch eine Polizeibeamtin körperlich durchsucht. Dies missfiel der Beschuldigten. Daraufhin rief sie der Betroffenen zu, sie werde dieser gleich in den Intimbereich greifen. Dabei griff sie der Betroffenen in den Schritt und kniff sie dort schmerzhaft. Nach Auffassung des Bundesgerichthofs handelte die Beschuldigte vorsätzlich bezüglich der sexuellen Belästigung. Bereits aus dem äußeren Erscheinungsbild der Handlung der Beschuldigten ergibt sich ein Bezug zum Geschlechtlichen, welcher durch deren Äußerungen verstärkt wurde. Außerdem handelte die Beschuldigte vorsätzlich, da sie sich des sexuellen Charakters ihres Tuns bewusst war.

Anwalt für Strafrecht: Erpressung

Das verlangen von „Standgeldern“ von Prostituierten kann eine konkludente Drohung im Sinne einer Erpressung darstellen. Dies ist dann der Fall, wenn der Beschuldigte eine milieuspezifische Drohkulisse herstellt oder ausnutzt.

Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Urteil vom 1. August 2018 (5 StR 30/18) mit der Frage zu befassen, wann das Verlangen von „Standgeld“ gegenüber Prostituierten eine Drohung mit einem empfindlichen Übel darstellt. Die reine Entgegennahme von Zahlungen gegen die Gewährung von Schutz stellt keine Erpressung dar. Die Zahlung stellt nur dann eine Erpressung dar, wenn sie durch Drohung mit einem empfindlichen Übel erzwungen wurde. Ein Übel ist jede vom Betroffenen als nachteilig empfundene Veränderung, in seiner Außenwelt. Empfindlich ist ein solches Übel, wenn es geeignet ist, das vom Beschuldigten bezweckte Verhalten beim Betroffenen zu erreichen. Die Beschuldigten waren im Rotlichtmilieu tätig. Sie verlangten von den Prostituierten in einer Straße und von deren Zuhältern die Zahlung von 120€ pro Frau und Woche. Die betroffenen Frauen und Zuhälter zahlten die „Standgelder“ nur, weil die Beschuldigten vor dem Hintergrund einer allgemeinen, milieuspezifischen Drohkulisse durch ihren Ruf, unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hatten, dass die Frauen eine Vertreibung vom Straßenstrich, mitunter sogar unter Anwendung von Gewalt zu befürchten haben. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs kann alleine das Verlangen von „Standgeld“ die Drohung mit einem empfindlichen Übel darstellen. Es genügt, dass eine entsprechende Drohung konkludent zwischen den Zeilen erfolgt. Die Herstellung und Ausnutzung einer Drohkulisse kann unter den besonderen Verhältnissen des Rotlichtgewerbes genügen.

Anwalt für Strafrecht: Rechtfertigender Notstand

Der Erwerb von Betäubungsmitteln, um aufgrund einer Krankheit bestehende Schmerzen zu lindern, ist regelmäßig dann nicht durch Notstand gerechtfertigt, wenn es dem Betroffenen möglich ist, die Schmerzen mittels legal zugänglicher Schmerzmittel zu behandeln oder wenn er auf ein Genehmigungsverfahren gem. §3 Abs. 2 BtMG zugrückgreifen kann.

Der Bundesgerichtshof setzte sich in seinem Beschluss vom 28. Juni 2016 (1 StR 613/15) damit auseinander, unter welchen Umständen das Sichverschaffen von Betäubungsmitteln zur Therapierung von Krankheiten bei der Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr geeignet ist. Um eine strafbare Handlung aufgrund Notstands zu rechtfertigen, muss eine gegenwärtige Gefahr vorliegen. Eine entsprechende Gefahr ist ein Zustand, in dem aufgrund tatsächlicher Umstände die Wahrscheinlichkeit eines schädigenden Ereignisses besteht. Die strafbare Handlung des Beschuldigten muss weiterhin zur Abwehr der Gefahr erforderlich gewesen sein. Erforderlich ist eine entsprechende Handlung, wenn diese unter den konkreten Umständen des Einzelfalles zum Schutz des Erhaltungsguts geeignet ist und sich bei mehreren zur Gefahrenabwendung geeigneten Handlungsmöglichkeiten als mildestes Mittel erweist. Im Fall der Beschuldigten setzte sich der BGH damit auseinander, ob deren Handlung zur Abwehr von Schmerzen aufgrund einer Erkrankung erforderlich war. Die Beschuldigte erwarb größere Mengen Heroin und Kokain. Die Betäubungsmittel dienten dem Eigenkonsum und um Schmerzen zu lindern, welche die Beschuldigte aufgrund ihrer Sarkoidoseseerkrankung hatte. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs hätte die Gefahr für die Gesundheit der Beschuldigten durch die Erkrankung jedoch anders als durch das unerlaubte Sichverschaffen der Betäubungsmittel abgewandt werden können. Somit war das Handeln der Beschuldigten nicht durch Notstand gerechtfertigt. Eine Rechtfertigung im Rahmen des Notstands scheidet regelmäßig aus, wenn die Lösung der vom Notstand vorausgesetzten Konfliktlage zwischen dem Erhaltungsgut und dem Eingriffsgut einem besonderen Verfahren oder einer besonderen Institution vorbehalten ist. Die Beschuldigte hätte auf eine Behandlung mit aufgrund von Verschreibung zugänglichen und für sie wirtschaftlich erreichbarer, ausreichend wirksamer Schmerzmittel oder auf die Einleitung eines Genehmigungsverfahrens gemäß §3 Abs. 2 BtMG zurückgreifen können.