Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

Auf dieser Seite finden Sie den vollständigen Text der Entscheidungen, die für die Strafrechtskanzlei Dietrich relevant sind.

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Anwalt für Strafrecht: Räuberische Erpressung

Entscheidend für die Annahme einer Drohung im Rahmen der räuberischen Erpressung ist neben dem objektiven Vorliegen auch die Vorstellung des Täters, dass seine Drohung zumindest geeignet ist, bei dem Bedrohten Furcht vor der Verwirklichung der Drohung hervorzurufen

Für die Annahme einer Drohung im Rahmen der räuberischen Erpressung gem. §§ 253, 255 StGB kommt es neben dem objektiven Vorliegen einer Drohung entscheidend auf die Vorstellung des Täters an. Dieser muss subjektiv davon ausgehen, dass seine Drohung zumindest geeignet ist, bei dem Bedrohten Furcht vor ihrer Verwirklichung hervorzurufen, was bei diesem zu einer Beeinträchtigung der Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung führt. Nicht ausreichend ist allein die Feststellung, dass der Bedrohte subjektiv davon ausgeht, es liege objektiv eine Drohung vor. Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 09.09.2015 - 4 StR 335/15. Der Angeklagte war vom Landgericht Kaiserslautern wegen räuberischer Erpressung verurteilt worden, weil er einem Taxifahrer die Hand auf die Schulter gelegt hatte und gleichzeitig Geld forderte, mit dem er später flüchtete. Der Taxifahrer ging davon aus, dass der Angeklagte ihn mit einem Messer bedrohte, weil er zuvor ein Klickgeräusch vernommen hatte. Der BGH hob das Urteil auf, weil das Landgericht keine Feststellungen zur inneren Tatseite des Angeklagten getroffen hatte, sondern lediglich auf die Wahrnehmung des Taxifahrers abstellte. Zwar komme hier objektiv eine Drohung in Betracht, jedoch bedarf es für eine Verurteilung auch entsprechende Feststellungen zur Vorstellung des Täters, er setze die Drohung final zur Erlangung des Vermögensvorteils ein. Zudem hat das Landgericht nicht festgestellt, dass tatsächlich ein Messer eingesetzt wurde bzw. ob das Klickgeräusch überhaupt tatsächlich vom Täter stammte.

Anwalt für Strafrecht: Raub

Verlangt ein Freier vor der Durchführung des Oralverkehrs gewaltsam sein bereits gezahltes Geld von der Prostituierten zurück, so erfüllt dies mangels rechtswidriger Zueignung nicht zwingend den Tatbestand des Raubes.

In seinem Beschluss vom 21.07.2015 - 3 StR 104/15 hat der Bundesgerichtshof (BGH) seine Rechtsprechung zur Sittenwidrigkeit der Prostitution weiter geführt. Nach dieser Rechtsprechung und § 1 des Prostitutionsgesetzes (ProstG) hat eine Prostituierte erst nach Vornahme der sexuellen Handlung einen Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Geldbetrages. Ein Anspruch auf Vorkasse besteht hingegen nicht. Nach Ansicht des BGH führt dies aber nicht dazu, dass sich ein Freier, der die Dienstleistungen nach Vorkasse doch nicht mehr in Anspruch nehmen möchte, zwingend wegen Raubes strafbar macht, wenn er das Geld gewaltsam zurückfordert. Denn nach Ansicht des BGH weiß ein Freier in der Regel nicht, dass ein Anspruch der Prostituierten auf Vorleistung nicht besteht. Nimmt er der Prostituierten das Geld vor der Vollziehung der sexuellen Handlung wieder weg, so fehlt es an der Rechtswidrigkeit der Zueignung, wenn er davon ausgeht, einen Anspruch auf Rückzahlung des Geldes zu haben. Nur wer weiß, dass die Prostituierte keinen Anspruch auf Vorleistung hat, kann sich demzufolge wegen Raubes strafbar machen.

Anwalt für Strafrecht: Strafprozessrecht

Aus dem Zeitpunkt, zu dem ein Verteidiger einen Beweisantrag stellt, darf das Gericht nichts zum Nachteil des bis dahin schweigenden Angeklagten ableiten.

Das Schweigerecht des Angeklagten ist ein unabdingbarer Grundsatz unserer Strafprozessordnung, den der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Beschluss vom 17.09.2015 - 3 StR 11/15 wieder einmal gestärkt hat. Anlass dafür gab das Landgericht Lüneburg, das die Qualität von Alibis mit der Begründung entwertete, die Alibizeugen hätten bereits im Ermittlungsverfahren benannt werden können. Der BGH erteilte dieser Argumentation eine ganz klare Absage und betonte dabei das Recht des Angeklagten, sich frei äußern oder nicht zur Sache aussagen zu können. Dieses Recht könne nicht ausgeübt werden, wenn der Angeklagte eine Prüfung und Bewertung der Gründe seines Aussageverhaltens befürchten müsse. Erst recht dürfe aus dem Zeitpunkt, zu dem ein Verteidiger einen Beweisantrag anbringe, nichts zum Nachteil des bis dahin schweigenden Angeklagten hergeleitet werden. Dies begründete der BGH mit der selbstständigen Berechtigung des Verteidigers, Beweisanträge zu stellen. Solange sich der Angeklagte das Vorbringen in dem Beweisantrag des Verteidigers nicht als Einlassung zu Eigen mache, dürfe das Gericht keine negativen Schlüsse aus dem Zeitpunkt des Antrags ziehen.

Anwalt für Strafrecht: Untersuchungshaft

Die Fortdauer der Untersuchungshaft ist bei erheblichen Verfahrensverzögerungen nach Verkündung des auf Freiheitsstrafe von 18 Monaten lautenden Urteils angesichts einer bisherigen Untersuchungshaftdauer von 14 Monaten nicht verhältnismäßig

Das Kammergericht in Berlin hat mit Beschluss vom 03.11.2015 - 3 Ws 532/15 - 141 AR 499/15 der Beschwerde eines Angeklagten stattgegeben und damit die Anordnung der Fortdauer der Untersuchungshaft aufgehoben. Das Kammergericht begründet seinen Beschluss mit einer detaillierten Schilderung des Verfahrensganges, der von erheblichen Verfahrensverzögerungen geprägt ist, die die Fortdauer der Untersuchungshaft letztlich unverhältnismäßig werden lassen. So wurde der Angeklagte, der bereits seit August 2014 in Untersuchungshaft war, vom Landgericht Berlin sechs Monate später, nämlich im Februar 2015 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt. Anschließend kam es zu Fehlern bei der Fertigung des Sitzungsprotokolls und aufgrund dessen auch bei der Zustellung des Urteils. Erst im Oktober 2015 bemerkte die für die Vollstreckung des Urteils zuständige Staatsanwaltschaft die Unvollständigkeit des Protokolls.
Unter dem Gesamteindruck dieses schleppenden Verfahrensganges erklärt das Kammergericht die angeordnete Fortdauer der inzwischen 14 Monate währenden Untersuchungshaft für unverhältnismäßig. Sowohl das Grundrecht der Freiheit der Person sowie das Recht auf ein faires und beschleunigtes Verfahren seien nicht hinreichend beachtet worden. Bereits mehrere Einzelvorgänge in dem Verfahren verstießen nach Ansicht des Kammergerichts gegen das Beschleunigungsgebot. Insbesondere aber der Umstand, dass eine Vorlage an den Bundesgerichtshof als Revisionsgericht nunmehr frühestens im Dezember 2015 zu erwarten war und dann ein Großteil der verhängten Strafe bereits verbüßt sein würde, stellten die Haftfortdauer in ein zu beseitigendes Missverhältnis.

Anwalt für Strafrecht: Betrug

Allein die Bereitschaft, durch einen Betrug (abgewandelter Enkel-Trick) erlangtes Geld auf seinem Konto zu empfangen, begründet nicht zwangsläufig eine Mittäterschaft an der Tat

Mit Beschluss vom 19.10.15 - (2) 161 Ss 220/15 (63/15) hat sich das Kammergericht unter Aufhebung eines Urteils des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin zu den Anforderungen an eine mittäterschaftliche Tatbegehung im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB geäußert. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hatte ein Tatbeteiligter dem betagten Geschädigten am Telefon vorgespiegelt, er müsse Geld auf ein Konto überweisen, da ansonsten gerichtliche Konsequenzen drohten (abgewandelter Enkel-Trick). Der Angeklagte hatte sein Konto für den Empfang der Überweisung zur Verfügung gestellt, sich das Geld nach erfolgter Überweisung bei seiner Bank auszahlen lassen und später wohl an andere Tatbeteiligte weitergegeben.
Das Kammergericht wertete den Tatbeitrag des Angeklagten aufgrund der getroffenen Feststellungen zur Tat lediglich als eher untergeordnete Unterstützungshandlung zum Betrug, welche für die Annahme von Mittäterschaft im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB nicht ausreiche. Da insbesondere auch keine hinreichenden Feststellungen zur inneren Tatseite des Angeklagten getroffen wurden, mithin nicht ohne Weiteres auf einen gemeinsamen Tatplan und eine Beteiligung an der Tatbeute geschlossen werden könne, liege im objektiven Tatbeitrag des Angeklagten im Ergebnis (nur) eine die Haupttat fördernde Beihilfehandlung.

Anwalt für Strafrecht: Einfuhr von Betäubungsmitteln

Bei der Zwischenlandung eines Betäubungsmittel-Kuriers im Inland kommt es für die Strafbarkeit wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln entscheidend darauf an, ob der reisende Kurier eine tatsächliche Verfügungsmacht über das Gepäckstück hat.

In seinem Beschluss vom 18.03.2015 - 3 StR 634/14 hat der Bundesgerichtshof (BGH) erneut klargestellt, dass es für einen Betäubungsmittelkurier, der Betäubungsmittel in seinem Fluggepäck transportiert, für die Strafbarkeit wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln entscheidend auf die tatsächliche Verfügungsmacht über die transportierten Drogen ankommt. Macht das Flugzeug eine Zwischenlandung in der Bundesrepublik Deutschland, so macht sich der Betäubungsmittelkurier nur dann wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln strafbar, wenn er weiß oder billigend in Kauf nimmt, dass er über das Gepäckstück verfügen kann. Rechnet er hingegen nicht damit, dass das Gepäckstück ausgeladen wird und ihm zur Verfügung steht, so kommt lediglich eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Einfuhr von Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 4 BtMG in Betracht. Diese tritt aber nach Ansicht des BGH ohnehin hinter der Strafbarkeit wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zurück, wenn der Kurier als Täter oder Teilnehmer an dem Drogengeschäft mitwirkt. Die fahrlässige Einfuhr sei in diesem Fall lediglich ein unselbstständiger Teilakt des Handeltreibens.

Anwalt für Strafrecht: Strafprozessrecht

Das Leugnen der Tat stellt auch dann ein zulässiges Verteidigungsverhalten des Angeklagten dar, wenn dadurch der Tatverdacht gegen einen Mittäter wesentlich verstärkt wird.

Das Leugnen der Tat darf nicht zu Lasten des Angeklagten bewertet werden. Diesen Grundsatz hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit seinem Beschluss vom 22.07.2015 - 1 StR 323/15 noch einmal bestärkt, indem er ein Urteil des Landgerichts Ulm im Strafausspruch aufgehoben hat.
Das Landgericht hatte das Leugnen der Tat als rechtsfeindlich bewertet und das Leugnen des Angeklagten ausdrücklich zu seinen Lasten berücksichtigt. Nach ständiger Rechtsprechung darf ein solches Prozessverhalten aber nur dann strafschärfend berücksichtigt werden, wenn es nicht allein auf der Furcht vor Bestrafung beruht. Dies muss allerdings hinreichend festgestellt werden. Leugnet der Angeklagte die Tat, so stellt dies ein zulässiges Verteidigungsverhalten des Angeklagten dar, auch wenn durch sein Leugnen der Tatverdacht gegen einen anderen wesentlich verstärkt wird. Demzufolge kann das Leugnen für sich genommen nicht als Begründung einer entsprechenden rechtsfeindlichen Gesinnung herangezogen werden.

Anwalt für Strafrecht: Hausfriedensbruch

Im Falle eines Hausfriedensbruchs gem. § 123 StGB ist der Inhaber des Hausrechts der beeinträchtigten Räumlichkeiten strafantragsberechtigt, bei vermieteten Räumen also grundsätzlich der Mieter.

Der Angeklagte hatte sich aus Verärgerung über einen unpünktlich abgefahrenen Zug der Berliner S-Bahn Zutritt zu dem Bahnwärterhäuschen auf dem S-Bahnsteig verschafft und dort die Mitarbeiter bedrängt. Das Häuschen war zur Tatzeit an die S-Bahn Berlin GmbH vermietet. Vermieterin ist die DB Station und Service AG. Zur Einleitung des Strafverfahrens wegen Hausfriedensbruchs gem. § 123 StGB hat der zuständige Vertreter der DB Station und Service AG den erforderlichen Strafantrag gestellt. Das Amtsgericht Tiergarten und das Landgericht Berlin verurteilten den Angeklagten wegen Hausfriedensbruchs.
Mit Beschluss vom 03.08.2015 - (2) 161 Ss 160/15 (44/15) hat das Kammergericht das landgerichtliche Urteil aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt. In seiner Begründung führt das Kammergericht aus, dass der gestellte Strafantrag unwirksam ist und somit ein echtes Verfahrenshindernis besteht. Strafantragsberechtigt sei allein die Mieterin der beeinträchtigten Räumlichkeiten, hier also die S-Bahn Berlin GmbH. Denn grundsätzlich stehe allein dem Mieter das Hausrecht an den gemieteten Räumen zu, auch gegenüber dem Vermieter. Dementsprechend sei im Falle des Hausfriedensbruchs auch allein der Mieter strafantragsberechtigt.

Anwalt für Strafrecht: Urkundenfälschung

Für die Annahme des besonders schweren Falles der "gewerbsmäßigen" Urkundenfälschung ist es nicht erforderlich, dass die angestrebten Einnahmen unmittelbar aus der Urkundenfälschung resultieren. Vielmehr genügt für die Annahme der Gewerbsmäßigkeit bereits, dass die Urkundenfälschung eine notwendige Zwischenstufe für weitere gewinnbringende Handlungen ist.

Mit Beschluss vom 30.06.2015 - 4 StR 190/15 hat der Bundesgerichtshof (BGH) seine Rechtsprechung zur gewerbsmäßigen Urkundenfälschung bestätigt. Demnach kann eine Gewerbsmäßigkeit als besonders schwerer Fall der Urkundenfälschung im Sinne des § 267 Abs. 3 Nr. 1 StGB bereits dann angenommen werden, wenn sich aus der Urkundenfälschung selbst zwar keine unmittelbaren, aber zumindest mittelbare finanzielle Vorteile ergeben. Voraussetzung dafür ist, dass die Urkundenfälschung dazu dienen soll, durch andere Straftaten Gewinn erzielen zu können, also eine "notwendige Zwischenstufe" zu den gewinnbringenden Taten darstellt.

Anwalt für Strafrecht: Geldwäsche

Als "Gegenstand" der Geldwäsche ist auch ursprünglich legal erworbenes Geld anzusehen, wenn dieses mit einem nicht unerheblichen Teil solcher Gelder vermischt wurde, welche aus rechtswidrigen Taten im Sinne des § 261 Abs. 1 S. 2 StGB stammen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 20.05.2015 - 1 StR 33/15 klargestellt, dass durch Vermischung von "legal" und "illegal" erworbenem Geld auch das ursprünglich legal erworbene Geld zum "Gegenstand" der Geldwäsche im Sinne des § 261 StGB werden kann. Der Angeklagte hatte aus Betrugs- und Untreuetaten Geld erlangt. Um die Herkunft des Geldes zu verschleiern, überwies er dieses mit Hilfe der Mitangeklagten auf das gemeinsame Konto, auf das auch übrige Gelder der beiden Angeklagten eingezahlt wurden. Folglich vermischt sich auf diesem Konto das durch Straftaten erlangte Geld mit dem legal erworbenen Geld. Der Anteil des illegalen Geldes auf dem Konto betrug schließlich über 30 %. Der Angeklagte konnte über das gesamte Giroguthaben verfügen.

Der BGH hat in seinem Beschluss das gesamte Giroguthaben als "Gegenstand" der Geldwäsche, der aus Vortaten "herrührt", angesehen. Zur Begründung verweist er einerseits auf die Gesetzesmaterialien, aus denen sich eindeutig ablesen lasse, dass Vermögensgegenstände, die sowohl aus legalen als auch illegalen Quellen stammen, insgesamt als Gegenstände der Geldwäsche anzusehen seien. Auch sei es gerade Sinn und Zweck des Geldwäschetatbestandes (§ 261 StGB), den Zufluss illegaler Vermögensmassen in den legalen Finanzkreislauf zu verhindern, was ebenfalls für die Auffassung des BGH spricht. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Anteil illegaler Gelder an der gesamten Vermögensmasse nicht völlig unerheblich ist.