Urteile und Entscheidungen im Strafrecht
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Anwalt für Strafrecht: Diebstahl
Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Beschluss vom 11. Dezember 2018 (2 StR 48/17) mit der Frage, ob Handlungseinheit zwischen einem vollendeten und einem versuchten Diebstahl von Sachen vorliegt, wenn während der Tatbegehung der Vorsatz des Beschuldigten wechselt. Für den Beschuldigten günstige Tateinheit zwischen mehreren Delikten liegt vor, wenn diese eine natürliche Handlungseinheit bilden. Eine natürliche Handlungseinheit ist dann anzunehmen, wenn zwischen einer Mehrheit strafrechtlich relevanter Verhaltensweisen ein derart unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, dass das gesamte Handeln des Beschuldigten auch für einen Dritten objektiv als einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint, und wenn die einzelnen Betätigungen auf einer Willensentschließung beruhen. Der Beschuldigte brach mit einem Dritten in ein zur Unterstellung von landwirtschaftlichen Fahrzeugen genutztes Gebäude ein. Hierbei beabsichtigte der Beschuldigte zuerst die Wegnahme eines Ackerschleppers. Dieser war jedoch nicht betankt. Anschließend entwendete der Beschuldigte einen ebenfalls untergestellten Radlader. Mit dem entwendeten Fahrzeug bezwecken die Beschuldigten, ein für den Diebstahl eines Geldautomaten benötigtes Fahrzeug zu entwenden. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs, lag zwischen dem hier bezüglich des Ackerschleppers verwirklichten versuchten Diebstahl und dem bezüglich des Sattelschleppers verwirklichten Diebstahl eine natürliche Handlungseinheit und somit Tateinheit vor. Wenn sich der Diebstahlsvorsatz im Rahmen einer einheitlichen Tat hinsichtlich des Tatobjekts verengt, erweitert oder sonst ändert, ist der Tatbestand insgesamt nur einmal erfüllt. So liegt bei der Wegnahme mehrerer Sachen eines oder verschiedener Eigentümer während der Tatausführung regelmäßig ein einheitlicher Diebstahl vor; dasselbe gilt auch, wenn nur eine Sache weggenommen und die Wegnahme weiterer Sachen versucht wird.
Anwalt für Strafrecht: Bestimmen einer minderjährigen Person zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
Unter „Bestimmen“, im Sinne des Bestimmens einer minderjährigen Person zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, ist die Einflussnahme auf den Willen eines anderen zu verstehen, die diesen zu einer der in § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG beschriebenen Verhaltensweisen bringt; dies setzt einen kommunikativen Akt voraus. § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG erfasst auch das Bestimmen zur Förderung einer inkriminierenden Handlung durch den zu Bestimmenden selbst. Der Bundesgerichthof hatte sich in seinem Urteil vom 11. Januar 2018 (3 StR 482/17) mit der Frage auseinander zu setzten, ob das Überreden eines Minderjährigen, Minderjährige zum Drogenverkauf zu rekrutieren ein Bestimmen darstellt. Der 21 jährige Beschuldigte beauftragte den minderjährigen Betroffenen damit, andere Jugendliche für den Verkauf von Cannabis anzuwerben. Dies gelang dem Betroffenen. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs bestimmte der Beschuldigte den Betroffenen zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln. Mit seinem Auftrag nahm der 21 jährige Beschuldigte gezielt Einfluss auf den Betroffenen und weckte bei diesem den Entschluss, andere Jugendliche für den Verkauf von Cannabis anzuwerben.
Anwalt für Verkehrsstrafrecht: Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer
Für eine Strafbarkeit wegen eines räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer muss der Beschuldigte den betroffenen Kraftfahrzeugführer unter Ausnutzung der spezifischen Bedingungen des Straßenverkehrs angreifen. Dies ist der Fall, wenn der Führer eines Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt des Angriffs mit der Beherrschung seines Kraftfahrzeugs und/oder mit der Bewältigung von Verkehrsvorgängen beschäftigt ist und deswegen leichter zum Angriffsobjekt eines Überfalls werden kann. Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Urteil vom 15. Februar 2018 (4 StR 506/17) mit der Frage, inwiefern ein Angriff auf einen Kraftfahrzeugführer in einem stehenden Fahrzeug unter Ausnutzung der spezifischen Bedingungen des Straßenverkehrs erfolgt. Der Beschuldigte ließ sich von der betroffenen Taxifahrerin in einen menschenleeren Weg fahren. Hier ließ die Betroffene den Beschuldigten aussteigen. Die Betroffene stoppte das Taxi indem sie das Automatikgetriebe auf Dauerbetrieb stellte und mit dem Fuß das Bremspedal betätigte. Der Motor des Taxis lief hierbei weiterhin. Beim Bezahlvorgang attackierte der Beschuldigte die Betroffene um ihre Geldbörse zu entwenden. Während des Angriffs rutschte die Betroffene vom Bremspedal ab und das Fahrzeug setzte sich in Bewegung. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs machte sich der Beschuldigte wegen räuberischem Angriff auf Kraftfahrer strafbar, obwohl sich das Taxi im Stehen befand. Die Betroffene beließ das Automatikgetriebe auf Dauerbetrieb und verhinderte ein Fortfahren nur mit dem Fuß auf der Bremse. Weiterhin bewegte sich das Taxi infolge der Gegenwehr der Betroffenen plötzlich weiter. Somit erfolgte der Angriff des Beschuldigten auf die Betroffene währenddem diese noch mit der Bewältigung von Verkehrsvorgängen beschäftigt und somit leichteres Opfer des räuberischen Angriffs war.
Anwalt für Sexualstrafrecht: Schwere Vergewaltigung
In seinem Beschluss vom 7. Februar 2019 (1 StR 11/19) befasste sich der Bundesgerichtshof mit den Voraussetzungen, welche für einen Schädigungsvorsatz an einem schlafenden Jugendlichen vorliegen müssen. Wegen schwerer Vergewaltigung kann sich ein Beschuldigter strafbar machen, wenn er eine Person, an der er gegen ihren Willen eine sexuelle Handlung vornimmt, in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt. Erforderlich ist dabei, dass für den Betroffenen eine konkrete Gefahr eines schweren Gesundheitsschadens geschaffen wurde. Hierunter fallen auch schwere Schädigungen der psychischen Gesundheit. Auf die konkrete Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung muss sich auch der Vorsatz des Beschuldigten beziehen. Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des BGHs zugrunde liegenden Sachverhalt, führte mit der jugendlichen Betroffenen Geschlechtsverkehr durch. Dies erfolgte währenddem die Betroffene schlief. Im Anschluss hieran kam es zu Verhaltensveränderungen der Betroffenen. Diese haderte mit ihrem Schicksal und war frustriert. Weiterhin vermied sie seitdem Beziehungen zu gleichaltrigen Jungen, weil sie Sexualkontakte „eklig“ findet. Das Landgericht verurteilte den Beschuldigten im Anschluss hieran wegen schwerer Vergewaltigung. Hierfür führte es an, dass es für den Beschuldigten „auf der Hand lag“, dass die Betroffene psychische Schäden erleiden könnte, weil sie bei Vornahme des Geschlechtsverkehrs tief schlief. Dieser Auffassung schloss sich der Bundesgerichtshof nicht an. Es ist vielmehr anzunehmen, dass der Beschuldigte wegen des Tiefschlafs der Betroffenen annahm, diese werde von seinen Handlungen keine Kenntnis erlangen.
Anwalt für Strafrecht: Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
Der Beschuldigte in dem, dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 5. Dezember 2017 (1 StR 380/17) zugrunde liegenden Sachverhalt, erwarb Methamphetamin. Als sich dieses als mangelhaft herausstellten, bemühte sich der Beschuldigte, innerhalb von drei Tagen nach dem Bezug, um die Rückgabe der mangelhaften und die Nachlieferung mangelfreier Ware. Im Zuge dessen verurteilte das Landgericht den Beschuldigten wegen zwei rechtlich selbstständigen Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln. Handeltreiben im Sinne eines unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ist jede auf dem Umsatz mit Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit. Der BGH hatte sich im Zuge dessen damit auseinander zu setzen, ob es sich, wie vom Landgericht angenommen, bei dem Erwerb und dem Umtausch erworbener Betäubungsmittel um zwei selbstständige Delikte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln handelt. Dem schloss sich der Bundesgerichtshof, zugunsten des Beschuldigten, nicht an. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs handelt es sich bei einem zeitnahen Umtausch von Betäubungsmitteln um kein erneutes selbstständiges Delikt des unerlaubten Handeltreibens. Die Bemühungen um die Rückgabe der mangelhaften und die Nachlieferung einer mangelfreien Ware sind auf die Abwicklung ein- und desselben Rauschgiftgeschäfts gerichtet.
Anwalt für Strafrecht: Mittelbare Falschbeurkundung
Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Beschluss vom 21. August 2018 (3 StR 205/18) damit, ob die Veranlassung eines Notars, eine Auflassungsvormerkung zugunsten einer nicht existierenden Person in das Grundbuch eintragen zu lassen, eine mittelbare Falschbeurkundung darstellt. Nicht durch jede in einem öffentlichen Buch enthaltene unrichtige Angabe, die ein Außenstehender durch Täuschung eines gutgläubigen Amtsträgers bewirkt, wird der Tatbestand der mittelbaren Falschbeurkundung verwirklicht. Strafbewehrt beurkundet im Sinne der Strafnorm sind vielmehr nur diejenigen Erklärungen, Verhandlungen oder Tatsachen, auf die sich der öffentliche Glaube, das heißt die „volle Beweiswirkung für und gegen jedermann“ erstreckt. Der Beschuldigte trat als Bevollmächtigter eines Dritten vor einem Notar auf und veranlasste diesen eine Auflassungsvormerkung zugunsten einer nicht existierenden Person in das Grundbuch eintragen zu lassen. Die Eintragung erfolgte bezüglich eines Grundstücks, welches sich im Eigentum des Dritten befand. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch, zugunsten einer nicht existierenden Person keine mittelbare Falschbeurkundung. Hinsichtlich der Eintragung einer nicht existenten Person im Grundbuch besteht kein öffentlicher Glaube. Die erhöhte Beweiskraft des Grundbuchs erstreckt sich nicht auf die Existenz und Rechtsfähigkeit des Eingetragenen.
Anwalt für Strafrecht: Tötung auf Verlangen
In seinem Urteil vom 4. Juli 2018 (2 StR 245/17) befasste sich der Bundesgerichthof mit der Frage, inwiefern erhebliche Eigeninteressen des Beschuldigten an der Tötung des Betroffenen geeignet sind, eine Tötung auf Verlangen begründende Konfliktsituation auszuschließen. Um sich wegen Tötung auf Verlangen strafbar zu machen, muss der Betroffene erheblichen Einfluss auf den Entschluss des Beschuldigten, den Betroffenen zu töten, nehmen. Das Verlangen des Betroffenen muss auch geeignet sein, erheblich vermindertes Unrecht und reduzierte Schuld zu privilegieren und für den Beschuldigten handlungsleitend wirken. Der Beschuldigte stand mit der Betroffenen über ein Internetportal in Kontakt. Während des Kontakts erklärte sich die Betroffene nicht bereit, sich vom Beschuldigte töten zu lassen. Hierzu erklärte sich diese erst später bereit. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Beschuldigte jedoch bereits Eigeninitiative ergriffen und war zur Befriedigung eigener sexueller Interessen zur Tötung der Betroffenen entschlossen. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs machte sich der Beschuldigte nicht wegen einer Tötung auf Verlangen strafbar. Der erklärte Sterbewunsch der Betroffenen war für den Beschuldigten zwar notwendige Voraussetzung für die Tatbegehung, aber nicht das handlungsleitende Motiv. Der Beschuldigte verfolgte maßgebliche sexuelle Eigeninteressen und befand sich folglich nicht in einer die Privilegierung zur Tötung auf Verlangen begründenden Konfliktsituation.
Anwalt für Strafrecht: Gewerbsmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
Für ein gewerbsmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln muss der Beschuldigte die Absicht haben, sich durch die wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu schaffen. Der Bundesgerichthof befasste sich in seinem Beschluss vom 18. März 2019 (5 StR 426/18) damit, ob es für die Gewerbsmäßigkeit erforderlich ist, dass der Beschuldigte seinen Lebensunterhalt alleine aus Betäubungsmittelverkäufen bestreitet. Bei dem Beschuldigten wurden größere Mengen Amphetamin aufgefunden. Im Rahmen dessen war der Bundesgerichtshof der Ansicht, dass es für die Gewerbsmäßigkeit nicht erforderlich ist, dass der Beschuldigt seinen Lebensunterhalt allein aus dem Erlös von Betäubungsmittelverkäufen bestreiten will.
Anwalt für Verkehrsstrafrecht: Gefährdung des Straßenverkehrs
Wegen einer Gefährdung des Straßenverkehrs kann sich ein Beschuldigter strafbar machen, wenn durch dessen Handlung einer Sache von bedeutendem Wert ein bedeutender Schaden gedroht hat. Der Gefährdungsschaden muss eine Wertgrenze von 750€ überschreiten. In seinem Beschluss vom 10. April 2019 (4 StR 86/19) befasste sich der Bundesgerichtshof damit, wann ein entsprechender bedeutender Schaden droht. Der alkoholbedingt fahruntüchtige Beschuldigte entwendete einen Fremden PKW. Beim Ausparken des PKWs streifte er die Stoßstange eines weiteren Fahrzeugs. Im Anschluss hieran stieß der Beschuldigte gegen einen auf der gegenüberliegenden Fahrbahnseite geparkten PKW. Auch an diesem entstand ein Sachschaden. Der entwendete PKW wurde an beiden Stoßstangen beschädigt. Das Landgericht verurteilte den Beschuldigten wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs. Dies begründete das Landgericht damit, dass an den Fahrzeugen ein Sachschaden entstanden sei, welcher sich zugunsten des Beschuldigten an allen drei Fahrzeugen auf unter 1000€ beziffert. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs waren die Ausführungen des Landgerichts nicht ausreichend. Das Landgericht stellte nicht sicher fest, ob die Wertgrenze von 750€ überschritten wurde. Weiterhin wurde nicht klar, ob der entwendete PKW in die Schadensberechnung einbezogen wurde. Ein Gefährdungsschaden am vom Beschuldigten gefahrenen Fahrzeug ist nicht zu beachten.
Anwalt für Sexualstrafrecht: Tatmehrheit bei sexueller Nötigung
Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Urteil vom 13. Februar 2019 (2 StR 301/18) mit der Frage auseinanderzusetzen, ob gegen zwei Personen in engem zeitlichem Zusammenhang erfolgte sexuelle Nötigungen eine einheitliche Tat bilden. Die Annahme von Tateinheit wirkt sich bei der Strafzumessung im Gegensatz zu Tatmehrheit zugunsten des Beschuldigten aus. Höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Personen und deren Verletzung sind einer Tateinheit begründenden additiven Betrachtungsweise, wie sie etwa der natürlichen Handlungseinheit zugrunde liegt, nur ausnahmsweise zugänglich. Greift ein Beschuldigter einzelne Menschen nacheinander an, um jeden in seiner Individualität zu beeinträchtigen, so besteht sowohl bei natürlicher als auch bei rechtsethisch wertender Betrachtungsweise selbst bei einheitlichem Tatentschluss und engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang regelmäßig kein Anlass, diese Vorgänge rechtlich als eine Tat zusammenzufassen. Der Beschuldigte in dem, dem Urteil des BGHs zugrunde liegenden Sachverhalt, war Taxifahrer. Er ließ die Betroffenen an einer unbelebten Stelle aus dem Taxi. Anschließend gab er erst einer und dann der anderen Betroffenen unter der Anwendung physischen Zwangs einen Zungenkuss. Dies erfolgte unmittelbar nacheinander. Im Anschluss gelang es den Betroffenen zu fliehen. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs machte sich der Beschuldigte wegen sexueller Nötigung in zwei Fällen strafbar. Zwar erfolgten beide Übergriffe in kurzer Folge, zeitlich nacheinander, jedoch war zum Zeitpunkt des zweiten Übergriffs der erste bereits abgeschlossen. Weiterhin erfolgte der Einsatz der Nötigungsmittel nacheinander und voneinander unabhängig.