Urteile und Entscheidungen im Strafrecht
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Anwalt für Strafrecht: Beleidigung Notwehr
Der Bundesgerichtshof setzte sich in seinem Urteil vom 17. Mai 2018 (3 StR 622/17) damit auseinander, wann eine Beleidigung eine Notwehrhandlung zulässt. Um eine strafbare Handlung wegen Notwehr rechtfertigen zu können, muss ein gegenwärtiger und rechtswidriger Angriff auf den Beschuldigten vorliegen. Ein Angriff ist jede durch eine menschliche Handlung drohende Verletzung rechtlich geschützter individueller Güter oder Interessen. Ein Angriff ist gegenwärtig, wenn er unmittelbar bevorsteht, stattfindet oder fortdauert. Der Beschuldigte wurde vom Betroffenen „immer wieder“ mittels „massiven“ Beleidigungen provoziert. Diese Beleidigungen erstreckten sich auch auf die Eltern des Beschuldigten. Daraufhin attackierte der Beschuldigte den Betroffenen mit einem Messer. Nach Auffassung des Bundesgerichthofs handelte der Beschuldigte zur Abwehr eines massiven gegenwärtigen Angriffs auf seine Ehre. Diese darf auf durch Notwehr verteidigt werden. Dies ist dann der Fall, wenn es sich bei den Beleidigungen nicht nur um geringfügige Behelligungen im sozialen Nahbereich, sozial tolerables Verhalten oder eine sonstige Bagatelle handelt.
Anwalt für Verkehrsstrafrecht: Gefährdung des Straßenverkehrs
Um sich wegen Gefährdung des Straßenverkehrs gem. §315c StGB strafbar zu machen, muss ein Risikozusammenhang zwischen der Handlung des Beschuldigten und deren Folge für Betroffene bestehen. §315c Abs. 1 Nr. 2d StGB dient dem Schutz von Fußgängern, die an Kreuzungen oder Einmündungen die Fahrbahn überqueren. Mit diesem Risiko muss der Verkehrsteilnehmer rechnen und sich darauf konzentrieren. Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Urteil vom 1. März 2018 (4 StR 311/17) mit der Frage zu befassen, ob ein entsprechender Risikozusammenhang entfällt, wenn der Betroffenen an einer Fußgängerfurt ein rotes Ampelsignal nicht beachtet. Der Beschuldigte fuhr mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit mit einem Motorrad auf eine Fußgängerfurt zu. Der alkoholisierte Betroffene betrat die Fahrbahn und missachtete hierbei das angezeigte Rotlicht. Der Beschuldigte leitete eine Vollbremsung ein, konnte das Motorrad jedoch nicht mehr rechtzeitig zum Stehen bringen und kollidierte mit dem Betroffenen. Hätte der Beschuldigte die zulässige Höchstgeschwindigkeit eingehalten, hätte er sein Motorrad noch vor dem Betroffenen durch einen normalen Bremsvorgang zum Stehen bringen können. Der Bundesgerichthof ist nicht der Auffassung, dass der Risikozusammenhang entfällt, weil der Betroffene die Fußgängerfurt bei rotem Ampelsignal betrat. An innerstädtischen Kreuzungen und Einmündungen sind insbesondere am späten Abend, Rotlichtverstöße an Fußgängerüberwegen nicht unüblich und gehören damit zum typischen Risiko eines solchen Verkehrsbereiches. Um auf solches Fehlverhalten reagieren zu können verbietet sich an diesen Stellen zu schnelles Fahren.
Anwalt für Strafrecht: Brandstiftung
Der Bundesgerichthof befasste sich in seinem Beschluss vom 18. Juli 2018 (4 StR 170/18) damit, wann ein Bauwagen eine Hütte darstellt. Wegen Brandstiftung kann sich ein Beschuldigter strafbar machen, wenn er eine Hütte anzündet. Hütten sind Bauwerke, bei denen an die Größe, Festigkeit und Dauerhaftigkeit geringere Anforderungen gestellt werden als bei Gebäuden, die aber dennoch ein selbstständiges, unbewegliches Ganzes bilden, das eine nicht völlig geringfügige Bodenfläche bedeckt und ausreichend abschlossen ist. Der Beschuldigte setzte den Bauwagen der Betroffenen in Brand. Das Landgericht ging auf Grundlage dessen davon aus, dass es sich bei dem Bauwagen um eine Hütte handelte. Folglich machte sich der Beschuldigte des Brandsetzten an diesem strafbar. Der Bundesgerichthof folgte dem nicht. Nach Ausfassung des BGH stellt ein Bauwagen nur dann eine Hütte dar, wenn er durch sein Eigengewicht auf dem Boden ruht. Dies ist jedoch dann nicht der Fall, wenn der Bauwagen mit Rädern ausgestattet und jederzeit bewegbar ist. Hierzu hätte das Landgericht nähere Feststellungen treffen müssen.
Fachanwalt für Strafrecht: Pflichtverteidigung
Im Strafrecht gibt es keine Prozesskostenhilfe. Nur in eng umgrenzten Fällen bestellt das Gericht dem Beschuldigten im Rahmen der sogenannten notwendigen Verteidigung einen Pflichtverteidiger, dessen Kosten übernommen und im Falle einer Verurteilung von dem Verurteilten zurückgeholt werden. Ein Pflichtverteidiger wird etwa bestellt, wenn die Sach- oder Rechtslage schwierig ist. Das Landgericht Magdeburg hat nun entschieden, dass ein Pflichtverteidiger wegen einer schwierigen Sachlage auch dann bestellt werden muss, wenn der Beschuldigte auf Facebook als Täter einer Straftat wiedererkannt worden sein soll.
In dem von dem Landgericht zu verhandelnden Fall war gegen den Beschuldigten unter anderem wegen Körperverletzung ermittelt worden. Der Geschädigte war der Überzeugung, den Beschuldigten auf der Facebook-Seite eines Freundes als den Täter wiedererkannt zu haben. Er ging zur Polizei, die daraufhin eine Wahllichtbildvorlage erstellte, auf der der Geschädigte den Beschuldigten erneut identifizierte. Problematisch an diesem Vorgehen ist, dass es sich um eine zweite Wiedererkennung handelt, bei der ein Irrtum nicht ausgeschlossen werden kann. Denn es besteht die nicht von der Hand zu weisende Möglichkeit, dass der Zeuge bei der Wahllichtbildvorlage nicht den tatsächlichen Täter, sondern nur die Person auf Facebook wiedererkannt hat. Um dem zu entgegnen und sich effektiv verteidigen zu können, ist dem Beschuldigten ein Pflichtverteidiger beizuordnen.
Fachanwalt für Strafrecht: Beihilfe durch Schmierestehen
Wer bei einer Straftat Schmiere steht, um die Tat abzusichern, kann sich wegen Beihilfe zu der Tat strafbar machen. Dafür muss allerdings feststehen, dass das Schmierestehen die Begehung der Haupttat tatsächlich gefördert oder erleichtert hat.
Auch in einem vom Bundesgerichtshof (BGH) zu entscheidenden Fall ging es um die Beihilfe durch Schmierestehen. Der Angeklagte hatte seinem Bekannten versprochen, einen Überfall auf den Geschädigten abzusichern. Er begleitete seinen Bekannten dementsprechend gegen 22.00 Uhr zu dem Mehrfamilienhaus, in dem der Geschädigte wohnte. Um die Lage zu sondieren, ging der Bekannte zu dem Geschädigten in die Wohnung, wo beide etwa eine Dreiviertelstunde lang Wein tranken, rauchten und sich unterhielten. Als dem Angeklagten das Warten vor der Tür des Mehrfamilienhauses zu lang dauerte, schrieb er mehrere SMS an seinen Bekannten und rief diesen mehrere Male an, ohne dass die Anrufe angenommen wurden. Gegen 23.00 Uhr verließ der Angeklagte schließlich das Mehrfamilienhaus, was er seinem Bekannten auch per SMS mitteilte. Obwohl er keine Gelegenheit hatte, die SMS des Angeklagten zu lesen, erkannte der Bekannte, nun nicht mehr mit der persönlichen Unterstützung des Angeklagten rechnen zu können und führte die Tat dennoch durch.
Der Angeklagte wurde von dem Landgericht Essen wegen Beihilfe zum Raub zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Dieses Urteil hob der BGH nun auf, da er eine Beihilfehandlung in dem bloßen Schmierestehen nicht erkennen konnte. Zwar kann nach der Rechtsprechung des BGH auch ein bloßes „Dabeisein“ die Tatbegehung im Sinne eines aktiven Tuns fördern oder erleichtern. Dazu muss allerdings genau festgestellt werden, wodurch die Tatbegehung gefördert oder erleichtert wurde. Diesen Anforderungen ist das Landgericht Essen nicht gerecht geworden.
Fachanwalt für Strafecht: Notwehr
In seinem Urteil vom 17. Mai 2018 – 3 StR 622/17 stellte der Bundesgerichtshof erneut klar, dass auch ein Angriff auf die Ehre mit Mitteln des Notwehrrechts verteidigt werden darf. Der Angeklagte war von dem Landgericht Wuppertal wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden.
Zwischen dem Angeklagten und dem ihm körperlich überlegenen Nebenkläger war es zu einer verbalen Auseinandersetzung gekommen, in dessen Verlauf der Angeklagte mit einem Messer auf den Nebenkläger einstach. Der Nebenkläger hatte den Angeklagten zuvor mit massiven Beleidigungen provoziert, indem er ihn unter anderem als „Penner“ und „Hurensohn“ und seine Eltern als „Huren“ bezeichnet hatte. Da der Angeklagte an einer unbehandelten Schizophrenie litt, konnte er den Beleidigungen nicht besonnen standhalten.
Das Landgericht Wuppertal hatte bei seiner rechtlichen Prüfung das Vorliegen einer Notwehrlage verneint, da kein Angriff auf di e körperliche Unversehrtheit des Angeklagten vorgelegen hat. Allerdings hätte das Landgericht bedenken müssen, dass aufgrund der andauernden massiven Beleidigungen ein Angriff auf die Ehre des Angeklagten vorlag. Diese ist strafrechtlich geschützt und darf grundsätzlich mit den Mitteln der Notwehr verteidigt werden. Etwas anderes gilt nur, wenn es sich lediglich um geringfügige Behelligungen im sozialen Nahbereich, sozial tolerables Verhalten oder eine sonstige Bagatelle handelt. Da dies angesichts der massiven Beleidigungen nicht der Fall war, durfte sich der Angeklagte im Rahmen der Notwehr verteidigen. Da der Messereinsatz nicht verhältnismäßig war, hätte das Gericht noch prüfen müssen, ob der Angeklagte die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken überschritten hat und somit entsch
Fachanwalt für Strafrecht: Körperverletzung
Gegen den Angeklagten wurde ein Strafverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung geführt. In der Hauptverhandlung ließ sich er sich dahingehend ein, dass er den Geschädigten zwar mit einem Messer verletzt habe. Dabei habe er allerdings in Notwehr gehandelt, weil der Geschädigte ihn gewürgt habe. Das Landgericht war der Überzeugung, dass die Einlassung des Angeklagten wahrheitswidrig war und es keinen Angriff seitens des Geschädigten auf den Angeklagten gegeben hatte. Es verurteilte den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten und berücksichtigte dabei strafschärfend, dass der Angeklagte „das Opfer zu Unrecht eines Angriffs auf sein eigenes Leben und damit einer Straftat bezichtigt“ habe.
Der Bundesgerichtshof folgte dieser Argumentation nicht und hob die Verurteilung des Angeklagten mit seinem Beschluss vom 7. Februar 2018 4 StR 529/17 im Strafausspruch auf. Dabei betonte der BGH, dass es einem Angeklagten grundsätzlich nicht verwehrt sei, sich mit der Behauptung zu verteidigen, er habe in Notwehr gehandelt. Dies gelte auch, wenn mit der Einlassung Anschuldigung gegen andere Personen verbunden seien. Die Grenze eines zulässigen Verteidigungsverhaltens sieht der BGH erst dann überschritten, wenn Umstände hinzukommen, nach denen sich dieses Verteidigungsverhalten als Ausdruck einer zu missbilligenden Einstellung darstellt. Dies war hier jedoch nicht ersichtlich.
Anwalt für Strafrecht: Besonders schwerer Fall des Diebstahls
In seinem Urteil vom 26. Juni 2018 (1 StR 79/18) befasste sich der Bundesgerichthof mit der Frage, wann Sicherungsspinnen eine Schutzvorrichtung darstellen. Ein besonders schwerer Fall des Diebstahls liegt vor, wenn der Beschuldigte eine Sache entwendet, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist. Schutzvorrichtungen sind Vorrichtungen, die nach ihrer Beschaffenheit dazu geeignet und bestimmt sind, die Wegnahme einer Sache erheblich zu erschweren. Nicht ausreichend ist es, wenn die Schutzvorrichtung erst wirksam wird, wenn der Gewahrsam bereits gebrochen ist. Der Beschuldigte beschloss in einem Elektronikfachmarkt ein Tablet zu entwenden. Die Verpackung des Tablet war von einer Sicherungsspinne umgeben. Eine Sicherungsspinne besteht aus Drähten, welche die Verpackung einer Sache umgeben und beim Durchtrennen der Drähte oder bei passieren des Kassenbereichs löst die Sicherungsvorrichtung ein Alarmsignal aus. Der Beschuldigte entfernte die Sicherungsspinne ohne Werkzeugeinsatz, öffnete die Verpackung Mithilfe eines Messers, entnahm das Tablet und verließ mit diesem den Elektronikfachmarkt. Nach Auffassung des Bundesgerichthofs hängt es von der Funktionsweise der Sicherungsspinne ab, ob diese eine Sicherungsvorrichtung darstellt. Löst die Sicherungsspinne erst bei Verlassen des Marktes den Alarm aus, so stellt sie aufgrund von Gewahrsamsbruch keine Schutzvorrichtung dar. Wird der Alarm bereits bei Durchtrennen der Drähte ausgelöst, so ist zu ermitteln, ob hierdurch der Bruch des Gewahrsams erschwert wird.
Fachanwalt für Strafrecht: Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
Auch das Unterlassen von Handlungen kann von strafrechtlicher Relevanz sein, wenn der Unterlassende eine sogenannte Garantenstellung innehat. Der Unterlassende ist dann zur Abwendung von Straftaten verpflichtet. Bleibt er untätig, macht er sich allein dadurch strafbar.
Erst kürzlich hat der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Beschluss vom 6. Februar 2018 – 5 StR 629/17 entschieden, dass auch den Inhaber eines Spätkaufs eine Garantenstellung zur Abwendung von Straftaten trifft. Der angeklagte Inhaber des Spätkaufs hatte seinen Bruder in dem Spätkauf angestellt. Anstatt die angebotenen Waren zu verkaufen, nutzte der Bruder den Laden zum Verkauf von Drogen. Der Inhaber erfuhr von den Drogengeschäften seines Bruders, schritt jedoch nicht ein. Aufgrund des Nichteinschreitens wurde er wegen Beihilfe durch Unterlassen zu dem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln seines Bruders zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Der BGH hielt das Urteil des Landgerichts aufrecht und Verwies auf die Garantenstellung des Inhabers zur Verhinderung von betriebsbezogenen Straftaten.
Anwalt für Strafrecht: Anklageschrift
Dem Beschuldigten wurde vorgeworfen, während seines Gefängnisaufenthaltes einen Mithäftling gebeten zu haben, zur Beseitigung seiner Ex-Frau einen Auftragsmörder zu beschaffen. In der Anklage der Staatsanwaltschaft war die Tat des Beschuldigten lediglich wie folgt beschrieben:
Sowohl im November 2015 als auch zu Beginn des Jahres 2016 bemühte sich der Angeschuldigte, der sich wegen versuchten Mordes zum Nachteil seiner früheren Ehefrau in Strafhaft befindet, ernsthaft und wiederholt, einen Mitgefangenen dazu zu bringen, einen Auftragsmörder zu beschaffen, der dann die geschiedene Frau des Angeschuldigten töten sollte.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes (BGH) war die Anklage unwirksam, da sie das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten nicht hinreichend identifiziert hat. Die Umgrenzungsfunktion der Anklage sei nicht erfüllt, da weder bestimmte Situationen, bei denen der Beschuldigte den Anstiftungsversuch unternommen haben soll, noch bestimmte Anstiftungshandlungen beschrieben seien. Ist die Anklage unwirksam, muss das Strafverfahren wegen eines Verfahrenshindernisses eingestellt werden. Demzufolge hat der BGH die Verurteilung des Angeklagten wegen versuchter Anstiftung zum Mord durch das Landgericht Detmold mit seinem Beschluss vom 16. August 2018 – 4 StR 200/18 aufgehoben und das Verfahren hinsichtlich dieses Tatvorwurfes eingestellt.