Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

Auf dieser Seite finden Sie den vollständigen Text der Entscheidungen, die für die Strafrechtskanzlei Dietrich relevant sind.

Über das Auswahlmenü für Kategorien oder die Volltextsuche in der linken Spalte und auf der Suchseite können Sie die für sie interessanten Entscheidungen weiter einschränken.

Anwalt für Strafrecht: Landfriedensbruch

Für einen Landfriedensbruch muss sich ein Beschuldigter mit vereinten Kräften aus einer Menge heraus an Gewalttätigkeiten beteiligen. Eine räumliche Trennung des Beschuldigten von der Menge steht dem nicht entgegen, wenn die Menge aus welcher er sich gelöst hat und die von der Menge getragene gewaltbereite Grundstimmung weiterhin Basis für das gewalttätige Handeln des Beschuldigten ist.

Des Landfriedensbruchs macht sich ein Beschuldigter strafbar, wenn er sich an Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen beteiligt, welche aus einer Menschenmenge mit vereinten Kräften heraus begangen werden. Entscheidend dafür, ob eine Gewalttätigkeit als Einzelner oder mit vereinten Kräften aus einer Menge heraus begangen wird ist, ob die Gewalttätigkeit von der, in der gewaltbereiten Menge vorhandenen, Grundstimmung und zustimmenden Haltung getragen wird. Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Urteil vom 9. Oktober 2013 (2 StR 119/13) damit zu befassen, ob eine Gewalttätigkeit noch mit vereinten Kräften aus einer Menge heraus begangen wird, wenn der Beschuldigte von der gewalttätigen Menge räumlich getrennt ist. Der Beschuldigte war Teilnehmer einer Demonstration mit gewaltbereiten Demonstranten. Durch Polizeikräfte wurde die zuvor kompakte Demonstration in Kleingruppen gespalten. Zumindest eine Kleingruppe ging weiterhin gewaltsam gegen Polizeibeamte vor. Der Beschuldigte löste sich aus der, von der Polizei zurückgedrängten, Demonstrantenmasse und attackierte Polizeibeamte mit einem Messer. Nach Auffassung des Bundesgerichthofs handelte der Beschuldigte weiterhin mit vereinten Kräften aus einer gewaltbereiten Menge heraus. Die Menge aus welcher sich der Beschuldigte gelöst hatte war weiterhin die Basis für dessen Messerangriffe. Die Messerangriffe waren, entsprechend der Grundstimmung der zurückgedrängten gewaltbereiten Demonstranten, Teil der von dieser Gruppe ausgehenden Gewalttätigkeiten.

Anwalt für Strafrecht: Versuchte Fälschung von Zahlungskarten durch Skimming

Für eine versuchte Fälschung von Zahlungskarten muss der Beschuldigte unmittelbar dazu ansetzten, ausgespähte Daten auf eine Kartendublette zu übertragen. Alleine das Ausspähen von Kartendaten durch Skimming stellt noch kein unmittelbares Ansetzen dar.

Für den Versuch einer Straftat muss der Beschuldigte nach seiner Vorstellung von der Tat, unmittelbar zur Verwirklichung des Tatbestands ansetzen. Es genügt, dass der Beschuldigte solche Handlungen vornimmt, die nach seinem Tatplan der Erfüllung eines Merkmals des Tatbestands vorgelagert sind und unmittelbar in die straftatbestandliche Handlung einmünden. Bei dem Versuch der Fälschung von Zahlungskarten muss sich das unmittelbare Ansetzten auf die Fälschungshandlung, somit auf das Übertragen der zuvor ausgespähten Kartendaten auf die Kartendublette beziehen. In seinem Beschluss vom 29. Januar 2014 (1 StR 654/13) stellte sich dem Bundesgerichtshof die Frage, ob das Ausspähen von Kartendaten und Pins mittels „Skimming“ bereits ein unmittelbares Ansetzen zur Fälschung von Zahlungskarten darstellt. Der Beschuldigte war Teil einer Bande, welche sich gebildet hatte um Zahlungskarten mit Garantiefunktion zu fälschen. Im Rahmen dessen brachte der Beschuldigte Kameras und Kartenlesegeräte an Geldautomaten an, um verwendete Pins auszuspähen und die Daten auf den Magnetstreifen der Karten auszulesen. Dieser Vorgang wird als „Skimming“ bezeichnet. Die ausgespähten Daten sollten anschließend auf Kartendubletten übertragen werden. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs genügt alleine das Skimming noch nicht für ein unmittelbares Ansetzen zur Fälschung von Zahlungskarten. Bei der Fälschung von Zahlungskarten muss das unmittelbare Ansetzen auf die Fälschungshandlung und somit auf das Übertragen der zuvor ausgespähten Kartendaten auf die Kartendublette bezogen werden. Deshalb genügt allein das Anbringen von Skimming-Gerätschaften und das Ausspähen von Kartendaten noch nicht, um ein unmittelbares Ansetzen zum Nachmachen von Zahlungskarten zu begründen.

Anwalt für Strafrecht: Bestechlichkeit

Ein beschuldigter Amtsträger handelt bereits dann pflichtwidrig, im Sinne der Bestechlichkeit, wenn er sich trotz einer sachgerechten Entscheidung bei der Entscheidungsfindung durch einen Vorteil beeinflussen lässt. Deshalb kann bereits das Veräußern eines öffentlichen Grundstücks an einen Interessenten, ohne weitere Interessenten ausfindig zu machen, pflichtwidrig sein, selbst wenn das Grundstück zu einem angemessenen Preis veräußert wird. 

Ein Amtsträger hat bei der Auswahl seiner Vertragspartner für öffentliche Geschäfte einen Gestaltungsspielraum. Hierbei muss er sich an die für Ermessensentscheidungen geltenden Grundsätze halten. Der beschuldigte Amtsträger handelt bei solchen Entscheidungen nicht nur dann pflichtwidrig, wenn er sachwidrig entscheidet, sondern bereits dann, wenn er sich von dem Vorteil beeinflussen lässt. Dies gilt auch dann, wenn die Entscheidung innerhalb des Ermessensspielraums läge. In seinem Urteil vom 9. September 2014 (5 StR 200/14) hatte sich der Bundesgerichtshof damit zu befassen, inwiefern die Veranlassung einer angemessenen Kaufpreiszahlung den Tatbestand der Bestechlichkeit erfüllen kann. Der Beschuldigte war Bürgermeister, ihm oblag der Verkauf eines Grundstücks, der durch ihn repräsentierten Gemeinde. Bei der Auswahl seiner Geschäftspartner hatte der Beschuldigte einen Gestaltungsspielraum. Im Zuge einer Unrechtsvereinbarung veräußerte der Beschuldigte das Grundstück an einen Käufer, ohne sich zuvor um weitere potentielle Käufer zu bemühen, wofür noch hinreichend Zeit gewesen wäre. Die Veräußerung erfolgte zu einem für das Grundstück angemessenen Preis. Für die Veräußerung erhielt der Beschuldigte ohne nennenswerte weitere Gegenleistung 350.000 €. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs erfüllt das Verhalten des Beschuldigten den Tatbestand der Bestechlichkeit. Entscheidend ist nicht, dass der gezahlte Kaufpreis angemessen war, sondern, dass neben dem Verkauf des Grundstücks weitere rechtmäßige Entscheidungsmöglichkeiten gegeben waren, welche der Beschuldigte pflichtwidrig nicht ermittelte.

Anwalt für Strafrecht: Schwere Brandstiftung

Für den Vorsatz zur schweren Brandstiftung muss der Beschuldigte zumindest billigend in Kauf genommen haben, dass sich Flammen auf wesentliche Gebäudeteile ausbreiten. Das entzünden einer hoch brennbaren Flüssigkeit in geschlossenen Räumlichkeiten legt entsprechende Vorstellungen des Beschuldigten nahe.

In Brand gesetzt im Sinne einer schweren Brandstiftung ist ein Gebäude, wenn es so vom Feuer erfasst ist, dass es selbstständig ohne Fortwirken des Zündstoffs weiterbrennt. Hierbei ist es erforderlich, dass sich der Brand auf Gebäudeteile ausweiten kann, die für den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung sind. Für ein vorsätzliches Handeln muss der Beschuldigte es zum Zeitpunkt der Brandsetzung zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben, dass sich die Flammen auf wesentliche Gebäudeteile ausbreiten. In seinem Urteil vom 10. Juli 2014 (3 StR 210/14) stellte sich dem Bundesgerichtshof die Frage, welche Anforderungen an einen entsprechenden Vorsatz zu stellen sind. Der Beschuldigte schüttete Verdünner auf dem Boden eines Schafzimmers aus und zündete diesen an. Der Beschuldigte war über die Stichflamme erschrocken und versuchte den Brand mit einer Decke zu löschen. Das Landgericht lehnte den Vorsatz des Beschuldigten ab, ohne dies näher auszuführen. Nach Auffassung des Bundesgerichthofs hätte das Landgericht die Ablehnung des Vorsatzes jedoch weitergehend begründen müssen. Grund hierfür ist die Gefährlichkeit des Anzündens einer hochbrennbaren Flüssigkeit im Inneren eines Gebäudes. Diese legt Vorstellungen des Beschuldigten bezüglich den Auswirkungen des Anzündens nahe.

Anwalt für Strafrecht: Raub durch konkludente Drohung

Für eine konkludente Drohung bei einem Raub muss der Beschuldigte dem Betroffenen vermitteln, dass eine Gefahr für dessen Leib und Leben besteht. Es reicht nicht aus, dass der Betroffene aufgrund zuvor angewendeter Gewalt befürchtet, der Beschuldigte werde zur Wegnahme Gewalt anwenden.

Eine Drohung im Zuge eines Raubes kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen. Für eine konkludente Drohung muss der Beschuldigte dem Betroffenen durch schlüssiges Verhalten oder in verdeckter Weise vermitteln, dass eine Gefahr für Leib und Leben besteht. Es genügt nicht alleine die Erwartung des Betroffenen der Beschuldigte werde ihm ein empfindliches Übel zufügen. Die konkludente Drohung mit Fortführung von Gewalt setzt somit voraus, dass sich aus den Gesamtumständen einschließlich der zuvor verübten Gewalt die aktuelle Drohung erneuter Gewaltanwendung entnehmen lässt. Nutzt der Beschuldigte nur die Einschüchterung des Betroffenen durch vorangegangen Gewaltanwendung aus, so entfällt eine konkludente Drohung. In seinem Urteil vom 12. Februar 2015 (1 StR 444/14) hatte sich der Bundesgerichtshof damit auseinander zu setzen, inwiefern die Vorstellung des Beschuldigten von bevorstehender Gewaltanwendung zur Begründung einer Drohung geeignet ist. Der Beschuldigte wendete mittels eines Elektroschockers gegenüber dem Betroffenen Gewalt an. Der Einsatz des Elektroschockers erfolgte nicht mit der Absicht dem Betroffenen etwas wegzunehmen. Im Anschluss an die Gewaltanwendung entschloss sich der Beschuldigte dem Betroffenen Elektrogeräte zu entwenden, um „Anwaltskosten zu bezahlen“. Der Betroffene befürchtete den Einsatz weiterer Gewalt und war eingeschüchtert, weshalb er die gewünschten Gegenstände an den Beschuldigten aushändigte. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs liegt trotz der Befürchtungen des Betroffenen keine konkludente Drohung vor. Es lag keine Äußerung oder sonstige Handlung des Beschuldigten vor, welche nach dem Fassen des Entschlusses zur Wegnahme eine weitere Gewaltanwendung nahe legt. Alleine, dass die Wirkungen eines ohne Wegnahmeentschlusses eingesetzten Nötigungsmittels noch anhielten und der Täter dies ausnutzt, genügt für die Annahme einer Drohung nicht. Somit machte der Beschuldigte sich nicht wegen Raubes strafbar.

Anwalt für Sexualstrafrecht: Sexueller Missbrauch eines behördlich Verwahrten, § 174a StGB

Ein behördlich Verwahrter im Sinne von § 174a StGB muss auf behördliche Anordnung verwahrt sein. Bei in Jugendheimen untergebrachten Minderjährigen erfolgt die Verwahrung nicht auf behördliche Anordnung, sondern auf die Anordnung des Sorgeberechtigten.

Des sexuellen Missbrauchs eines behördlich Verwahrten gem. § 174a StGB macht man sich strafbar, wenn man an einer auf behördliche Anordnung verwahrten Person sexuelle Handlungen vornimmt oder durch diese vornehmen lässt. Dies muss unter Missbrauch der Stellung des Beschuldigten erfolgen. Auf behördliche Anordnung verwahrt ist, wer sich aufgrund hoheitlicher Gewalt in staatlichem Gewahrsam befindet. Der Bundesgerichtshof hatte sich in seinem Beschluss vom 16. Juli 2015 damit zu befassen, ob in Jugendheimen untergebrachte Jugendliche auf behördliche Anordnung verwahrt sind. Der Beschuldigte war in Jugendhilfeeinrichtungen (Heimen) als Erzieher tätig. Hier kam es in mehreren Fällen zu sexuellen Handlungen mit Jugendlichen, welche in entsprechenden Heimen untergebracht waren. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs handelte es sich bei den Betroffenen nicht um auf behördliche Anordnung Verwahrte. Grundlage für eine Heimunterbringung ist, bis auf wenige Ausnahmekonstellationen, die Entscheidung des Sorgeberechtigten. Sind die Eltern sorgeberechtigt, so entscheidet keine Behörde. Auch ein gerichtlich bestellter Vormund ist weder dem Familiengericht noch Jugendamt weisungsunterworfen. Somit stellt seine Entscheidung eine Heimerziehung in Anspruch zu nehmen ebenfalls keine behördliche Anordnung einer Unterbringung dar.

Anwalt für Strafrecht: Störung der Totenruhe

Der Störung der Totenruhe macht sich der Beschuldigte strafbar, wenn er unberechtigt die eingeäscherten Rückstände eines Verstorbenen entwendet. Auch Goldzähne sind Bestandteil dieser eingeäscherten Rückstände.

Wegen Störung der Totenruhe macht sich strafbar, wer unberechtigt Teile eines verstorbenen Menschen oder dessen Asche wegnimmt. Bei Asche handelt es sich um alle nach der Einäscherung verbleibenden Rückstände, auch die vormals mit einem Körper fest verbundenen festen Bestandteile. In seinem Beschluss vom 30. Juni 2015 (5 StR 71/15) sah sich der Bundesgerichtshof mit dem Entwenden von Zahngold nach der Einäscherung eines Verstorbenen konfrontiert. Im Zuge dessen stellte sich die Frage, ob Zahngold Bestandteil der Asche im Sinne einer Störung der Totenruhe ist. Der Beschuldigte war Hilfsbediensteter in einem Krematorium. Im Rahmen seiner Tätigkeit entwendete er, nach der Verbrennung von Toten, Zahngoldreste aus dem Verbrennungskasten. Nach Auffassung des Bundesgerichthofs ist Zahngold Bestandteil der Asche und somit machte sich der Beschuldigte der Störung der Totenruhe strafbar. Die Störung der Totenruhe schützt die sterbliche Hülle des Toten und deren Überreste in ihrer Gesamtheit. Zum Körper des Menschen gehören auch künstliche Körperteile, die Körperfunktionen des Trägers übernehmen und nicht ohne Verletzung der körperlichen Integrität entfernt werden können. Hierzu zählt auch Zahngold.

Anwalt für Strafrecht: Computerbetrug bei Vertretungsmacht

Die Täuschungshandlung des Beschuldigten muss beim Computerbetrug geeignet sein, eine Vermögensverfügung zu veranlassen, die als keine Verfügung des Beschuldigten zu werten ist. Dies ist dann nicht gegeben, wenn der Beschuldigte die tatbestandliche Handlung im Namen des Verfügenden und mit Wirkung für diesen vornimmt.

Der Tatbestand des Computerbetrugs erfasst nur solche Handlungen, die, würden nicht lediglich maschinell gesteuerte Geschehensabläufe ausgelöst, als Betrug durch täuschungsbedingte Veranlassung der Vermögensverfügung eines anderen als dem Beschuldigten zu bewerten sind. In seinem Beschluss vom 23.Juli 2013 (3 StR 96/13) hatte sich der Bundesgerichtshof mit der Frage auseinanderzusetzen, inwiefern ein Beschuldigter im Rahmen eines Computerbetrugs täuschen kann, wenn er im Namen des Vermögensinhabers handelt. Der Beschuldigte war Angestellter einer Bank und berechtigt, in deren Namen nach Identitäts- und Bonitätsprüfung, selbstständig Konten zu eröffnen. Der Beschuldigte ließ sich von Dritten dazu veranlassen, mehrere Konten zu eröffnen, welche diese zum eigenen Vorteil belasteten. Hierfür erhielt der Beschuldigte eine Provision von 10% des jeweiligen Kredits. Die Konten wurden nach Eingabe der Prüfungsergebnisse durch ein EDV System automatisch erstellt und nicht durch einen weiteren Mitarbeiter überprüft. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs macht sich der Beschuldigte keines Computerbetrugs strafbar. Der Beschuldigte war berechtig selbstständig Entscheidungen über die Konteneröffnung zu treffen. Eröffnete er ein Konto so verfügte er im Namen der Bank und mit Wirkung für diese. Nimmt man an, der Bearbeitungsvorgang wäre nicht durch ein EDV System sondern manuell durch Mitarbeiter der Bank durchgeführt worden, so scheidet auch bei diesen eine Täuschung aus.

Anwalt für Strafrecht: Betrug

Täuschungen im Rahmen eines Betrugs können auch durch konkludent abgegebene Äußerungen vorgenommen werden. Beim Einreichen von Rezepten im Rahmen einer Sammelabrechnung erklärt ein Apotheker zum Beispiel konkludent, dass er bestehende sozialrechtliche Erstattungsansprüche nur für tatsächlich durchgeführte Verkäufe geltend macht. 

Bei einem Betrug muss der Beschuldigte den Betroffenen täuschen. Eine Täuschung ist jede Einwirkung des Beschuldigten auf die Vorstellung des Getäuschten, die geeignet und dazu bestimmt ist, beim Adressaten der Erklärung eine Fehlvorstellung über tatsächliche Umstände hervorzurufen. Sie besteht in der Vorspiegelung falscher oder in der Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen. Welchen Erklärungswert eine konkludent abgegebene Äußerung besitzt, beurteilt sich nach dem Empfängerhorizont und der Verkehrsanschauung. Der Bundesgerichtshof befasste sich in seinem Beschluss vom 12. Februar 2015 (2 StR 109/14) mit der Frage, welchen Erklärungsgehalt die Abgabe von Rezepten durch einen Apotheker an eine Krankenkasse, zur Kostenerstattung, zukommt. Der Beschuldigte Apotheker ließ sich von einer Krankenkasse im Rahmen einer Sammelabrechnung Geld für Arzneimittelverkäufe auszahlen, welche nie getätigt wurden. Dies erreichte der Beschuldigte, indem er gefälschte Rezepte bei der Krankenkasse einreichte. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs liegt hierin eine Täuschung durch den Beschuldigten. Bei Abgabe der Abrechnungen erklärte der Beschuldigte stillschweigend, dass er bestehende sozialrechtliche Erstattungsansprüche nur für tatsächlich durchgeführte Verkäufe geltend macht. Die entsprechende Erklärung war insofern falsch, als die eingereichten Rezepte gefälscht waren und ohne Arzneimittelabgabe zur Abrechnung eingereicht wurden.

Anwalt für Strafrecht: Geiselnahme

Eine Drohung schafft nicht eine, für eine Geiselnahme erforderliche Bemächtigungslage, wenn die Drohung dazu verwendet wird, den Betroffenen in unmittelbarem Zusammenhang an die Drohung zu weiteren Handlungen zu nötigen. Dies ist zum Beispiel dann gegeben, wenn der Beschuldigte den Betroffenen im Zuge der Drohung zu sexuellen Handlungen zwingt.

Für eine Geiselnahme muss der Beschuldigte den Betroffenen in eine Bemächtigungssituation versetzten. Der Bemächtigungssituation muss hierbei eine eigenständige Bedeutung zukommen. Eine solche eigenständige Bedeutung hat diese nicht, wenn der Beschuldigte sich des Betroffenen mittels einer Drohung ermächtigt, um ihn in unmittelbarem Zusammenhang zu weitergehenden Handlungen zu nötigen. In diesem Fall werden die ernötigten Handlungen alleine durch die Drohung durchgesetzt. Der Beschuldigte in dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 27. Mai 2014 (2 StR 606/13) drohte der Betroffenen um sie zu sexuellen Handlungen zu zwingen. Als diese fliehen wollte klebte er ihr den Mund mit Klebeband zu, würgte sie und sprach Todesdrohungen aus. Die Drohungen verband der Beschuldigte mit der Aufforderung sexuelle Handlungen vorzunehmen. Dem Bundesgerichtshof stellte sich die Frage, ob hier die für eine Geiselnahme erforderliche Bemächtigungssituation vorlag. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs diente das Würgen und die Drohung dazu, sich der Betroffenen zu bemächtigen um sie in unmittelbarem Anschluss daran zu weitergehenden Handlungen zu nötigen. Somit kam der Bemächtigungssituation keine eigenständige Bedeutung zu und der Beschuldigte machte sich keiner Geiselnahme strafbar.