Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

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Anwalt für Strafrecht: Beleidigung

Das Tragen eines Ansteckers mit der Aufschrift "FCK CPS" (als Abkürzung für "Fuck Cops") im öffentlichen Raum erfüllt nur dann den Tatbestand der Beleidigung, wenn sich die Äußerung auf eine hinreichend überschaubare und abgegrenzte Personengruppe von Polizisten bezieht.

In seinem Beschluss vom 26.02.2015 - 1 BvR 1036/14 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass das Tragen eines Ansteckers mit der Aufschrift "FCK CPS" im öffentlichen Raum nicht ohne weiteres den Tatbestand der Beleidigung erfüllt. Die Strafbarkeit wegen Beleidigung gemäß § 185 StGB setze vielmehr voraus, dass sich die Äußerung auf eine hinreichend überschaubare und abgegrenzte Personengruppe zurückführen lasse. Wird ein solcher Anstecker aber im öffentlichen Raum getragen, so kann nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts nicht angenommen werden, dass sich die dem Anstecker zu entnehmende Äußerung allein auf die Polizisten bezieht, mit der der Tragende aufeinandertrifft. Vielmehr sei es verfassungsrechtlich unzulässig, eine auf Polizisten im Allgemeinen bezogene Äußerung allein deshalb auf bestimmte Polizeibeamte zu beziehen, weil sie dem Kollektiv der Personengruppe von Polizisten angehören. Damit hob das Bundesverfassungsgericht ein Urteil wegen Beleidigung auf. Die Angeklagte wurde von einer Polizeistreife angetroffen, wobei sie den Anstecker mit der Aufschrift "FCK CPS" trug.

Anwalt für Strafrecht: Verständigung

Steht in einem Strafprozess eine Verständigung im Raum, so muss das Gericht den Angeklagten schon bei der Unterbreitung des Verständigungsvorschlags darüber belehren, dass das Gericht unter bestimmten Voraussetzungen nicht an die Verständigung gebunden ist.

Nach § 257c Abs. 4 StPO entfällt die Bindung des Gerichts an eine Verständigung, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutende Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und der in Aussicht gestellt Strafrahmen deswegen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das Prozessverhalten des Angeklagten nicht der vom Gericht zugrunde gelegten Prognose entspricht.
Dies gilt nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 25.03.2015 - 5 StR 82/15 jedoch nur, wenn das Gericht den Angeklagten bereits bei der Unterbreitung des Verständigungsvorschlags darüber belehrt hat, dass das Gericht unter bestimmten Umständen nicht an die Verständigung gebunden ist. Wird der Angeklagte hingegen erst nach angenommener Verständigung über die Möglichkeit des Entfallens der Bindungswirkung belehrt, so stellt dies einen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens dar, der wiederum mit der Revision gerügt werden kann. Etwas anderes kann nach Ausführungen des BGH nur gelten, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dem Betroffenen die Voraussetzungen für den Wegfall der Bindungswirkung bekannt waren.

Anwalt für Strafrecht: Mord

Tritt während einer einheitlichen Tötungshandlung die Verdeckungsabsicht nur als weiteres Motiv für die Tötung hinzu, so handelt es sich mangels einer "anderen Straftat" nicht um einen Verdeckungsmord im Sinne des § 211 Abs. 2 Var. 9 StGB.

Wegen Mordes nach § 211 Abs. 2 Var. 9 StGB macht sich strafbar, wer einen Menschen tötet, um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken. In seinem Beschluss vom 03.02.2015 - 3 StR 541/14 betonte der Bundesgerichtshof (BGH) erneut, dass es sich aber nicht um eine andere Straftat im Sinne dieser Norm handelt, wenn nur diejenige Tat verdeckt werden soll, die gerade begangen wird. Daher sei keine Strafbarkeit wegen Mordes anzunehmen, wenn während eine einheitlichen Tötungshandlung die Verdeckungsabsicht nur als weiteres Motiv für die Tötung hinzutritt. Nach der Rechtsprechung des BGH setzt die Annahme eines Verdeckungsmordes in diesen Fällen vielmehr voraus, dass zwischen dem erfolglosen ersten, mit Tötungsvorsatz vorgenommen Angriff und einer erneuten, nunmehr mit Verdeckungsabsicht begangenen Tötungshandlung eine deutliche zeitliche Zäsur liegt.
Damit hob der BGH eine Entscheidung des Landgerichts Verden auf, durch die der Angeklagte wegen Mordes sowie wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren und sechs Monaten verurteilt wurde. Der Angeklagte hatte auf seine Nachbarin mit einem Messer eingestochen, ohne sie töten zu wollen. Aus Angst, dass er wegen der vorangegangenen Messerstiche nicht unerheblich bestraft werden könnte, würgte er sie für mehrere Minuten mit dem Willen, sie zu töten und dadurch die vorangegangene gefährliche Körperverletzung zu verdecken.

Anwalt für Strafrecht: Bandenmäßiges Handeltreiben mit Btm

Wer bei Betäubungsmittelgeschäften für seine Vermittlertätigkeit eine feste Provision erhält und kein Absatzrisiko trägt, macht sich wegen seiner selbstständigen Stellung nicht des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln strafbar.

In seinem Beschluss vom 14.04.2015 - 3 StR 627/14 stellte der Bundesgerichtshof (BGH) erneut klar, dass es für die Annahme des bandenmäßigen Handeltreibens mehr als nur einer selbständigen Geschäftsbeziehung zwischen den betroffenen Personen bedarf.
Allein das auf Dauer angelegte Zusammenwirken mehrerer selbstständiger Geschäftspartner begründet nach Ansicht des BGH auch dann keinen bandenmäßigen Zusammenschluss, wenn die Beteiligten in einem eingespielten Bezugs- und Absatzsystem im Rahmen einer andauernden Geschäftsbeziehung tätig werden. Die Abgrenzung zwischen selbstständigen Geschäftspartnern und einem bandenmäßigen Zusammenschluss nimmt das Gericht im wesentlichen nach der getroffenen Risikoverteilung vor. Danach macht sich nicht wegen bandenmäßigen Handeltreibens strafbar, wer lediglich eine Vermittlertätigkeit gegen eine feste Provision übernimmt. Denn hier trägt der Betroffene regelmäßig nicht das Absatzrisiko und ist auch nicht finanziell davon abhängig, ob und welche Gewinne mit dem Rauschgift erzielt werden.

Anwalt für Strafrecht: Freiheitsberaubung

Ist die persönliche Fortbewegung trotz erschwerender Umstände weiterhin grundsätzlich möglich, liegt nicht zwangsläufig eine Freiheitsberaubung gem. § 239 StGB vor.

In seinem Urteil vom 22.01.2015 hat sich der BGH (3 StR 410/14) zu den Voraussetzungen einer Freiheitsberaubung gem. § 239 StGB geäußert. Angeklagt war ein Mann, der seine minderjährige Tochter unter einem Vorwand nach Syrien mitnahm und beabsichtigte, dass diese dort ihr weiteres Leben unter den gegebenen Lebensbedingungen verbrachte. Obwohl die Tochter immer wieder den Wunsch äußerte, nach Deutschland zurückzukehren, verweigerte der Vater ihr dies. Auch verbot er ihr, das Haus in Syrien ohne Begleitung älterer Verwandter zu verlassen.
Ebenso wie das LG Koblenz vermag der BGH die (neben anderen Delikten) angeklagte Freiheitsberaubung in diesem Verhalten nicht zu erkennen. Da die Tochter - wenngleich unter erschwerten Bedingungen - sich weiterhin fortbewegen konnte, war ihre persönliche Fortbewegungsfreiheit nicht vollständig aufgehoben i. S. d. § 239 StGB, sondern lediglich erschwert. Ein tatbestandliches Einsperren liegt zudem nicht vor, da die Türen des Hauses in Syrien nicht verschlossen waren. Sofern eine Freiheitsberaubung "auf andere Weise" in Betracht kommt, fehlen dem BGH die dafür notwendigen tatgerichtlichen Feststellungen. Infolgedessen lässt es der BGH auch dahinstehen, ob die (konkludente) Androhung von Schlägen bei Missachtung des Gebots, das Haus nur in Begleitung zu verlassen, eine Freiheitsberaubung darstellen könnte. Weiterhin ist laut BGH auch keine Freiheitsberaubung in der Verweigerung der Zustimmung zur Ausreise aus Syrien zu erkennen. Grundsätzlich kann eine Freiheitsberaubung zwar auch dann vorliegen, wenn das Opfer gehindert wird, ein größeres Areal zu verlassen. Die Ausdehnung des Tatbestands auf ein (damals) ca. 185.000 Quadratkilometer umfassendes Staatsgebiet wäre angesichts des Schutzzwecks des § 239 StGB jedoch eine unangemessene Überdehnung.

Anwalt für Strafrecht: Einfuhr von Betäubungsmitteln

Die bloße Bereitschaft zur Entgegennahme eingeführter Betäubungsmittel begründet weder die Stellung als Mittäter noch als Gehilfe bei der Einfuhr von Betäubungsmitteln, sodass nur aufgrund der Bestellung eine Strafbarkeit wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Betracht kommt.

In seinem Beschluss vom 31.3.2015 - 3 StR 630/14 hat der Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt, dass die bloße Bereitschaft zur Entgegennahme eingeführter Betäubungsmittel weder die Stellung als Mittäter noch als Gehilfe der Einfuhr von Betäubungsmitteln begründet. Nach der Rechtsprechung des BGH ist es zwar nicht erforderlich, dass die Betäubungsmittel eigenhändig ins Inland eingeführt werden. Vielmehr kann auch derjenige, der die Betäubungsmittel nicht selbst nach Deutschland transportiert, Mittäter der Einfuhr des unmittelbar Handelnden sein. Dazu muss er allerdings einen Tatbeitrag erbringen, der sich bei wertender Betrachtung nicht bloß als Förderung fremden Tuns, sondern als Teil der Tatbestandsverwirklichung darstellt. Es kann also auch der sich im Inland befindende Erwerber von Betäubungsmitteln aus dem Ausland wegen täterschaftlicher Einfuhr von Betäubungsmitteln strafbar sein, wenn er sie durch Dritte über die Grenze bringen lässt und dabei mit Täterwillen die Tatbestandsverwirklichung fördernde Beiträge leistet.

Anhaltspunkte für diesen Täterwillen sind nach ständiger Rechtsprechung der Grad des Tatinteresses, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft und der Wille dazu.

Hat der Besteller, wie in dem vom BGH zu verhandelnden Fall, hingegen keinen Einfluss auf den Einfuhrvorgang und wartet nur darauf, dass der Lieferant ihm die eingeführten Betäubungsmittel bringt, ist er zwar wegen der Bestellung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln strafbar. Eine Bestrafung wegen mittäterschaftlicher Einfuhr oder Teilnahme an der Einfuhr kommt allerdings nicht in Betracht.

Anwalt für Strafrecht: Computerbetrug

Wer als Arbeitnehmer eine ihm von seinem Arbeitgeber überlassene Tankkarte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zurückgibt, sondern mit ihr seinen privaten PKW betankt, macht sich nicht strafbar.

In seinem Urteil vom 2.2.2015 - 2 OLG 3 Ss 170/14 entschied das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz, dass ein Arbeitnehmer, der eine ihm überlassene Tankkarte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiterbenutzt, sich nicht strafbar macht. Der Angeklagte wurde zuvor vom Landgericht Koblenz vom Vorwurf des gewerbsmäßig begangenen Computerbetrugs in 43 Fällen freigesprochen. Hiergegen richtete sich die Revision der Staatsanwaltschaft.

Der Angeklagte hatte eine ihm vom Arbeitgeber ausgestellte Tankkarte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für sich verwendet und sich unter Einsatz von dieser insgesamt 3.790 Liter Diesel im Wert von 5.334 ? bei verschiedenen Tankstelen verschafft, die er wiederum an Dritte weiterverkaufte.

Den Tatbestand des vorrangig in Betracht kommenden Computerbetruges in der Variante der unbefugten Verwendung von Daten sah das OLG Koblenz jedoch nicht als erfüllt an. Zwar sei mit der Benutzung der Tankkarte die erforderliche Einwirkung auf das Datenverarbeitungssystem gegeben. Diese erfolgte jedoch nicht unbefugt, da die Verwendung der Daten gegenüber einem menschlichen Empfänger nach Ansicht des OLG Koblenz keine Täuschung darstellt. In den Fällen des Einsatzes von Codekarten wird ein solches Täuschungsäquivalent nur angenommen, wenn die Karte gefälscht, manipuliert oder mittels verbotener Eigenmacht erlangt wurde. Eine nur im Innenverhältnis abredewidrig erfolgte Benutzung einer im Außenverhältnis wirksam überlassenen Codekarte stellt hingegen keine täuschungsgleiche Handlung im Sinne des § 263a StGB dar, da die Fortsetzung des eigenen bestehenden Besitzes selbst dann keine verbotene Eigenmacht ist, wenn eine Pflicht zur Herausgabe besteht. Auch eine Verurteilung wegen Betruges oder Untreue verneinte das OLG Koblenz, sodass der Freispruch der vorherigen Instanz bestehen blieb.

Anwalt für Strafrecht: Drogenstrafrecht / Strafprozessrecht

Wer von einem verdeckten Ermittler unter Drohung dazu angestiftet wird, Betäubungsmittel in die Bundesrepublik einzuführen, macht sich nicht wegen Einfuhr strafbar. Eine solche rechtsstaatswidrige Tatprovokation führt zur Einstellung des Verfahrens.

In seinem Urteil vom 10.6.2015 - 2 StR 97/14 vollzog der Bundesgerichtshof (BGH) eine Rechtsprechungsänderung zur rechtsstaatswidrigen Tatprovokation. Er hob ein Urteil des Landgerichts Bonn auf, durch das zwei Beschuldigte wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln zu Freiheitsstrafen verurteilt worden waren und stellte das Verfahren wegen eines auf einer rechtsstaatswidrigen Tatprovokation beruhenden Verfahrenshindernisses ein.
Die Beschuldigten waren von der Polizei zuvor langfristig observiert worden, weil gegen sie der Verdacht der Begehung von Geldwäsche- und Betäubungsmittelstraftaten bestand. Es wurden mehrere verdeckte Ermittler eingesetzt, die die Beschuldigten über einen Zeitraum von mehreren Monaten dazu überreden sollten, eine große Menge von Ecstasy-Tabletten aus den Niederlanden nach Deutschland zu bringen. Nachdem die Beschuldigten sich weigerten, trat einer der verdeckten Ermittler drohend auf und ein anderer behauptete wahrheitswidrig, wenn er seinen Hinterleuten das Rauschgift nicht besorge, werde seine Familie mit dem Tod bedroht. Daraufhin halfen die Beschuldigten in zwei Fällen bei der Beschaffung und Einfuhr der Tabletten. Der BGH sah diese rechtstaatswidrige Tatprovokation als Verfahrenshindernis und stellte das Verfahren ein. Grund dafür war ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im letzten Jahr, der die bisherige Strafzumessungslösung des BGH als unzureichend bezeichnete und einen Verstoß gegen das Recht auf ein faires Verfahren feststellte. Bisher hatte der BGH in solchen Fällen lediglich die Strafe gemildert.

Anwalt für Strafrecht: Betäubungsmittelstrafrecht / bewaffneter Handel

Ein bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG kann regelmäßig nicht angenommen werden, wenn sich die Waffe in einem Behältnis und in einem anderen Raum als die Betäubungsmittel befindet.

In seinem Beschluss vom 10.2.2015 - 5 StR 594/14 hat der Bundesgerichtshof erneut genaue Feststellungen zum Merkmal des Mitsichführens einer Waffe beim bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gefordert. Dieses liegt nach ständiger Rechtsprechung nur vor, wenn die Waffe derart mitgeführt wird, dass man sich ihr jederzeit ohne nennenswerten Zeitaufwand bedienen kann, wofür Griffweite ausreicht. Findet der Handel mit Betäubungsmitteln in einer Wohnung statt, so liegt hingegen regelmäßig kein bewaffneter Handel vor, wenn sich die Waffe in einem Behältnis und in einem anderen Raum als die Betäubungsmittel befindet.

Trifft das Gericht der Hauptsache keine Feststellungen zu den räumlichen Verhältnissen und wo innerhalb der Wohnung sich die Betäubungsmittel befinden, so wird dadurch nicht hinreichend belegt, dass sich der Angeklagte jederzeit der Waffe hätte bedienen können.

Anwalt für Strafrecht: Falsche Verdächtigung

Auch eine durch den Beschuldigten im Rahmen des eigenen Strafverfahrens erfolgte falsche Verdächtigung einer bis dahin völlig unverdächtigen Person erfüllt den Tatbestand des § 164 StGB

Der Angeklagte hatte während des gegen ihn geführten Strafverfahrens (Verstoß gegen Sprengstoffgesetz) wiederholt wahrheitswidrig behauptet, die sichergestellten Feuerwerkskörper gehörten nicht ihm, sondern seinem Sohn. Der BGH (Urt. v. 10.02.2015 - 1 StR 488/14) hatte nun zu entscheiden, ob hier tatsächlich eine falsche Verdächtigung gem. § 164 StGB vorliegt oder ob der Tatbestand des § 164 StGB wegen zulässigen Verteidigungsverhaltens einzuschränken sei.
Eine solche Tatbestandseinschränkung kommt laut BGH hier jedoch nicht in Betracht. Zunächst einmal ist diese ausgeschlossen, wenn bei den Ermittlungen überhaupt kein anderer als Täter in Betracht kommt und durch die falsche Verdächtigung eine andere bis dahin völlig unverdächtige Person (hier der Sohn) erstmalig konkret verdächtigt wird. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber für § 164 StGB auch kein Selbstbegünstigungsprivileg - wie bspw. in § 258 Abs. 1 und Abs. 5 StGB - vorgesehen hat, welches eine Tatbestandseinschränkung auslösen könnte. Schließlich lässt sich eine Tatbestandseinschränkung auch nicht aus dem Recht der Selbstbelastungsfreiheit des Beschuldigten ableiten. Die Selbstbelastungsfreiheit gebe ihm zwar das Recht, sich nicht zu den Vorwürfen äußern zu müssen, gewähre ihm aber kein "Recht zur Lüge".