Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

Auf dieser Seite finden Sie den vollständigen Text der Entscheidungen, die für die Strafrechtskanzlei Dietrich relevant sind.

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Anwalt für Strafrecht: Sachbeschädigung durch "Tags" mit Edding

Eine Veränderung des Erscheinungsbildes durch Markierungen bzw. Tags mit einem Edding-Stift ist nur unerheblich, wenn sie völlig unauffällig bleibt, z. B. aufgrund schon vorangegangener Schmierereien durch Dritte.

Nach § 303 Abs. 2 StGB macht sich strafbar, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert. Dabei wird unter Veränderung des Erscheinungsbildes jede Umgestaltung ihres Äußeren verstanden. Entscheidend ist dabei der optische Eindruck einer Sache.

Unter Zugrundelegung dieses Ansatzes kann zunächst darauf abgestellt werden, dass durch Markierungen mit einem Edding-Stift durchaus eine Veränderung des visuellen Eindrucks des Fahrzeugs entsteht. Allerdings darf diese Veränderung nicht nur unerheblich sein.

Nur unerheblich ist eine Veränderung des Erscheinungsbildes indes, wenn sie völlig unauffällig bleibt, z. B. aufgrund schon vorangegangener Schmierereien bzw. Graffiti durch Dritte.

Nach diesen Maßstäben können die Markierungen mit einem Edding-Stift nicht als erheblich angesehen werden, soweit sich ergibt, dass die Sache - im vorliegenden Fall ein Fahrzeug - bereits mit zahlreichen Farbbemalungen versehen war, bevor weitere Markierungen gesetzt wurden. Anders wäre zu entscheiden, wenn diese neben den vorhandenen Bemalungen erheblich und eindeutig zu erkennen wären, nicht jedoch soweit der Beseitigungsaufwand durch diese zuletzt aufgetragenen Markierungen nur unwesentlich erhöht werden würde.

OLG Hamm, Beschluss vom 21. April 2009 - 1 Ss 127/09 -

Weitere Informationen zum Strafrecht finden Sie unter:

www.verteidiger-berlin.info/docs/anwalt-strafrecht.php

Anwalt für Strafrecht: Alkohol am Steuer

Derjenige, der unter Alkoholeinfluss ein Fahrzeug auf einem durch Schranken verschlossenem Parkplatz führt, macht sich nicht wegen vorsätzlicher Trunkenheit am Steuer (Trunkenheitsfahrt) strafbar, da sich der Parkplatz in diesem Fall nicht im öffentlichen Verkehrsraum befindet.

Mit Beschluss vom 30.1.2013 - 4 StR 527/12 hat der BGH eine Entscheidung des Landgerichts Halle aufgehoben, in dem der Angeklagte unter anderem wegen vorsätzlicher Trunkenheit am Steuer verurteilt wurde, weil er betrunken auf einem Parkplatzgelände Auto gefahren ist. Da der Parkplatz allerdings durch Schranken abgesperrt wurde, gehörte er nach Ansicht des BGH nicht mehr zum öffentlichen Verkehrsraum, weswegen auch die Verurteilung nicht aufrechterhalten werden konnte.
Der BGH führte dazu aus, dass zum öffentlichen Verkehrsraum zunächst einmal alle Verkehrsflächen gehören, die dem allgemeinen Verkehr gewidmet sind, wie beispielsweise Straßen, Plätze und Fußwege. Ferner würden auch Plätze und Wege dazu gehören, die ungeachtet der Eigentumsverhältnisse entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten für jedermann oder aber zumindest für eine allgemein bestimmte größere Personengruppe zur Benutzung zugelassen seien. Ob der Verkehr geduldet werde, hänge dabei von den auf die für etwaige Besucher erkennbaren Umstände ab. Die Zugehörigkeit einer Fläche zum öffentlichen Verkehrsraum endet nach Ansicht des BGH allerdings, wenn der Verfügungsberechtigte eine äußerlich manifestierte Handlung vornimmt, die unmissverständlich erkennbar macht, dass der öffentliche Verkehr nicht oder nicht mehr geduldet wird. Diese sei mit dem Schließen der Schranke gegeben.

Anwalt für Strafrecht: Strafzumessung

Eine von massiver Gewalt geprägte Tatausführung darf nicht straferschwerend gewertet werden, wenn sie erforderlich war, um den tatbestandsmäßigen Erfolg herbeizuführen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 4. Juli 2013 - 4 StR 213/13 eine Entscheidung des Landgerichts Arnsberg aufgehoben, in der der Angeklagte wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt wurde.
Er hatte seine Freundin über einen Zeitraum von 30 Sekunden mit beiden Händen so heftig gewürgt, dass diese infolge ihrer Erstickung verstarb. Das Landgericht wertete die Tatumstände bei der konkreten Strafzumessungserwägung zu Lasten des Angeklagten, da die Tatausführung von massiver Gewalt geprägt sei und durch das heftige Würgen eine besondere Brutalität aufweise.
Eine solche Strafzumessungserwägung hätte das Gericht jedoch nach den Ausführungen des BGH nicht treffen dürfen, da sie gegen das Doppelverwertungsverbot nach § 46 Abs. 3 StGB verstößt. Nach diesem darf sowohl der Tötungsvorsatz an sich als auch die Anwendung der zur Tötung erforderlichen Gewalt nicht straferschwerend berücksichtigt werden, weil beide Merkmale zum gesetzlichen Tatbestand gehören und daher ohnehin erfüllt sein müssen.

Anwalt für Strafrecht: Verkehrsrecht / Unterschreitung des Sicherheitsabstandes

Ein bußgeldrechtliche Ahndung wegen einer Abstandsunterschreitung - i.S. eines "nicht nur vorübergehenden Verstoßes" - ist jedenfalls dann rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die vorwerfbare Dauer der Abstandsunterschreitung mindestens 3 Sekunden oder (alternativ) die Strecke der vorwerfbaren Abstandsunterschreitung mindestens 140m betragen hat.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Unterschreitung des erforderlichen Sicherheitsabstandes zu einer Geldbuße von 180 Euro verurteilt. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts führte der Betroffene einen PKW auf der BAB 1. Bei Kilometer 327,700 wurde im Rahmen einer polizeilichen Verkehrsüberwachung mit dem System Vidit Typ VKS 3.0 Version 3.1. für sein Fahrzeug bei einer (nach Abzug eines Toleranzwertes von 5 km/h) Geschwindigkeit von 131 km/h ein Abstand von nur 26 m zum vorausfahrenden Fahrzeug ermittelt. Die Messstrecke betrug rund 123 m. Die Messstelle war so eingerichtet, dass eine Strecke von insgesamt 500m übersehen werden konnte. Das Amtsgericht hat ausgeschlossen, dass ein anderes Fahrzeug vor dem Betroffenen eingeschert war.

Gegen das Urteil wendet sich der Betroffene mit seinem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde. Er meint, die Rechtsbeschwerde sei zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, um die Mindestlänge bzw. die Mindestdauer der Abstandsunterschreitung obergerichtlich zu klären.

Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat beantragt, den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.

Die Rechtsbeschwerde war - jeweils durch Alleinentscheidung des mitunterzeichnenden Berichterstatters - zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG zuzulassen und dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern nach § 80a Abs. 3 OWiG zur Entscheidung zu übertragen. Die Zulassung ist zur Fortbildung des Rechts geboten, um die für eine bußgeldrechtliche Ahndung nach §§ 4, 49 StVO notwendige Dauer bzw. Länge einer Abstandsunterschreitung näher zu konkretisieren. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung war die Rechtsbeschwerde zuzulassen, weil ansonsten schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung fortbestehen würden. So hat das AG Lüdinghausen mit Urteil vom 28.01.2013 (19 OWi 216/12) für eine Ahndung eine Abstandsunterschreitung auf einer Fahrstrecke von mindestens 150 m, ja sogar eher noch von 250 bis 300 m für erforderlich erachtet. Im angefochtenen Urteil wird hingegen die deutlich geringere, den Mindestabstand unterschreitende, Fahrstrecke von 123 m für ausreichend erachtet.

Die - auch im Übrigen zulässige - Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

Die Rügeanforderungen gemäß der §§ 80 Abs. 3 OWiG, 344 Abs. 2 StPO sieht der Senat noch als erfüllt an. Es wurde zwar nicht ausdrücklich die Rüge der Verletzung materiellen Rechts erhoben. Jedoch geht aus dem Gesamtzusammenhang der Begründung des Zulassungsantrages noch hinreichend hervor, dass der Betroffene sich dagegen wenden will, dass das Amtsgericht hier eine Abstandsunterschreitung auf weniger als 150 m Fahrstrecke für die Bejahung des Verkehrsverstoßes hat ausreichen lassen.

Das angefochtene Urteil weist keine Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen auf.

Insbesondere ist die Annahme des Amtsgerichts, dass eine Abstandsunterschreitung auf einer Messstrecke von 123 m den Bußgeldtatbestand nach §§ 4, 49 StVO i.V.m. Nr. 12.6.2. der Tabelle 2 der BKatV erfülle, wenn der vorwerfbare Verstoß mindestens 3 Sekunden angedauert hat, rechtlich nicht zu beanstanden.

Für die Ahndung eines Abstandsverstoßes ist es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes wie auch der Obergerichte erforderlich, dass die Abstandsunterschreitung nicht nur ganz vorübergehend ist. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass es Situationen geben kann, wie z.B. das plötzliche Abbremsen des Vorausfahrenden oder einen abstandsverkürzenden Spurwechsel eines vorausfahrenden Fahrzeugs, die kurzzeitig zu einem sehr geringen Abstand führen, ohne dass dem Nachfahrenden allein deshalb eine schuldhafte Pflichtverletzung angelastet werden könnte (OLG Hamm NZV 1994, 120; OLG Koblenz, Beschl. v. 02.05.2002 - 1 Ss 75/02 = BeckRS 2002, 30257446; OLG Koblenz, Beschl. v. 10.07.2007 - 1 Ss 197/07 = BeckRS 2008, 08770; König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl., § 4 Rdn. 22).

Wann eine nicht nur ganz vorübergehende Abstandsunterschreitung vorliegt, wird in der Rechtsprechung der Obergerichte unterschiedlich beurteilt. Einige Gerichte halten eine Strecke von 250-300m, in der die Abstandsunterschreitung vorliegen muss, für ausreichend (vgl. OLG Celle NJW 1979, 325; OLG Düsseldorf NZV 2002, 519; OLG Karlsruhe NJW 1972, 2235). Andere lassen jedenfalls 150 m ausreichen, wenn die Messung in einem standardisierten Messverfahren durchgeführt wurde, ein kurz zuvor erfolgter Spurwechsel eines vorausfahrenden Fahrzeugs ausgeschlossen werden kann und die Dauer der abstandsunterschreitenden Fahrt mehr als 3 Sekunden betrug (OLG Hamm NZV 2013, 203; vgl. auch OLG Köln VRS 66, 463; König a.a.O. Rdn. 22).

Im Gesetz selbst ist keine Mindestdauer in zeitlicher oder örtlicher Hinsicht Voraussetzung der Ahndung einer Abstandsunterschreitung. Die vom Bundesgerichtshof aufgestellte Voraussetzung, dass die Abstandsunterschreitung nicht nur vorübergehend sein darf, bezieht sich nach Auffassung des Senats auf die Dauer oder Länge der vorwerfbaren Abstandsunterschreitung, nicht auf die Dauer oder Länge der insgesamt festgestellten Abstandsunterschreitung. Nach § 10 OWiG kann nur vorsätzliches oder - wenn das Gesetz dies (wie hier) ausdrücklich vorsieht - fahrlässiges Handeln als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Auf die Dauer oder Länge der insgesamt festgestellten Abstandsunterschreitung kann es daher letztlich nicht entscheidend ankommen. Maßgeblich ist also, dass der Anteil an der Gesamtstrecke der Abstandsunterschreitung, der von dem Betroffenen verschuldet wurde (und nicht etwa durch ein Verhalten Dritter oder durch andere Ereignisse, auf die der Betroffene noch nicht reagieren und den erforderlichen Abstand wieder herstellen konnte), nicht nur "vorübergehender" Natur ist.

Bei der Frage, wann eine Abstandsunterschreitung nicht nur vorübergehend ist, steht für den Senat die zeitliche Komponente im Vordergrund. Schon die Formulierung in der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofes legt dies nahe. Auch erscheint es naheliegender, sich der zeitlichen Komponente zum Ausschluss eines nur kurzfristigen - und damit aus Verhältnismäßigkeitsgründen nicht ahndungswürdigen - Versagens des Fahrzeugführers zu bedienen. Der Senat hält jedenfalls eine Abstandsunterschreitung für die Dauer von mehr als 3 Sekunden - wie hier - für kein kurzfristiges Versagen des Fahrzeugführers mehr, wenn kurz zuvor erfolgte abstandsverkürzende, vom Betroffenen nicht zu vertretende, Ereignisse (Abbremsen des vorausfahrendes Fahrzeugs, abstandsverkürzender Fahrspurwechsel eines Dritten, auf die der Betroffene noch keine Möglichkeit hatte zu reagieren) - wie hier - ausgeschlossen werden können (in diese Richtung wohl auch: OLG Koblenz a.a.O.). Auch unter angemessener Berücksichtigung üblicher Reaktionszeiten ist von jedem Betroffenen noch innerhalb einer Dauer der Abstandsunterschreitung von drei Sekunden ohne Dritteinwirkung einerseits das Bewusstsein zu verlangen, dass er handeln und den Sicherheitsabstand vergrößern muss, sowie andererseits auch eine entsprechende Umsetzung abstandsvergrößernder Maßnahmen. Jedenfalls ist eine länger andauernde Gefährdung des Straßenverkehrs durch eine bußgeldbewehrte und damit in jedem Fall erhebliche Unterschreitung des gebotenen Sicherheitsabstandes nicht hinnehmbar. Fährt der Betroffene trotzdem mit einem unzulässig geringen Abstand weiter hinter einem anderen Fahrzeug her, so kann hier von einem nur vorübergehenden Pflichtenverstoß nicht mehr die Rede sein.

Um allerdings besonders schnell fahrende Fahrzeugführer nicht zu privilegieren, hält der Senat aber auch eine Abstandsunterschreitung auf einer Strecke von jedenfalls 140 m unter den o.g. weiteren Voraussetzungen (Ausschluss eines abstandsverkürzenden Ereignisses, auf das der Betroffene noch nicht reagieren konnte, bis zum Beginn der Messstrecke) für nicht nur vorübergehend. Das beruht auf der Erwägung, dass derjenige, der die Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen von 130 km/h deutlich überschreitet und damit die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs deutlich erhöht, wegen der erhöhten durch ihn begründeten Gefahr bei einer Abstandsunterschreitung auch schneller wieder den erforderlichen Mindestabstand herstellen muss. Eine solche - auch haftungsrechtlich relevante - Überschreitung der Richtgeschwindigkeit wird jedenfalls ab einer Geschwindigkeit von 160 km/h angenommen (OLG Hamm NJW-RR 2011, 464 m.w.N.). Bei dieser Geschwindigkeit legt ein Fahrzeug in 3 Sekunden etwa 133,3 m zurück. Großzügig zugunsten des Betroffenen aufgerundet ergeben sich die o.g. 140 m.

Ob auch bei noch kurzfristigeren Abstandsunterschreitungen ein ahndungswürdiger Verstoß gegeben ist kann der Senat offen lassen.

OLG Hamm, Beschluss vom 9. Juli 2013 - Az. 1 RBs 78/13 -

Weitere Informationen zum Verkehrsrecht finden Sie unter:

www.verkehrsrechtskanzlei-berlin.info

Anwalt für Strafrecht: Drogenstrafrecht / Nicht geringe Menge

Bei der unerlaubten Betäubungsmittelabgabe gilt für die nicht geringe Menge von Fentanyl ein Grenzwert von 75 mg.

In seiner Entscheidung vom 29.4.2013 - Ss 259/12 legte der 1. Strafsenat des Oberlandesgericht Nürnberg den Grenzwert für die nicht geringe Menge bei Fentanyl fest, der 75 mg beträgt. Dazu verglich das OLG die Wirkung des Fentanyls mit der Wirkung von Heroin und stellte bei seiner Bestimmung zudem auf opiatgewohnte Personen ab.
Fentanyl ist ein Betäubungsmittel aus den Gruppen der Opioide (zu dieser Gruppe gehört auch Heroin), das normalerweise als Schmerzmittel oder für Kurznarkosen verwendet wird. Die medizinische Anwendung erfolge laut Nachforschungen des Gerichts häufig durch Pflaster auf der Haut, bei denen 24-84% des Wirkstoffs im Pflaster verbleiben. Diese Pflaster würden Konsumenten meistens aus dem Müll der Krankenhäuser holen oder sich von verschiedenen Ärzten im Rahmen des sogenannten "Ärztehoppings" verschreiben lassen, um an den Wirkstoff zu gelangen. Da beide Methoden nach Ansicht des OLG für ein Verhalten bereits opiatsüchtiger Personen sprechen, könne bei der Bestimmung des Grenzwertes nicht von Erstkonsumenten ausgegangen werden.

Anwalt für Strafrecht: Diebstahl

Das Einstecken von 6 Flaschen Whiskey in zwei mitgebrachte Tüten stellt erst dann einen vollendeten Diebstahl dar, wenn der Kassenbereich des Supermarktes verlassen wird.

In seinem Beschluss vom 18.6.2013 - 2 StR 145/13 macht der BGH noch einmal deutlich, dass kein vollendeter Diebstahl vorliegt, wenn umfangreiche Beute in einem Supermarkt zwar eingesteckt, der Kassenbereich mit ihr jedoch nicht passiert wird.
In solchen Fällen darf in der Regel nur ein versuchter Diebstahl angenommen werden, da eine vollendete Wegnahme im Selbstbedienungsladen erst dann vorliegt, wenn der Täter Sachen von geringem Umfang einsteckt oder sie sonst verbirgt. Wird also eine sogenannte Gewahrsamsenklave gebildet, so kommt es für die Vollendung des Diebstahls nicht mehr darauf an, dass der Kassenbereich passiert wird. Das Wegtragen umfangreicherer Beute innerhalb der Gewahrsamssphäre des Ladeninhabers stellt jedoch nach Ansicht des BGH noch keine Gewahrsamsenklave dar.
Damit änderte der BGH den zuvor vom Landgericht Aachen ausgesprochenen Schuldspruch dahingehend ab, dass der Angeklagte nur eines versuchten Diebstahls schuldig ist. Er hatte 6 Flaschen Whiskey in zwei mitgebrachte Tüten gesteckt und war, nachdem er von einem aufmerksamen Kunden des Supermarktes bemerkt wurde, ohne die Beute geflohen.

Anwalt für Strafrecht: Strafverfahrensrecht / Pflichtverteidiger

Wird dem Angeklagten bei kurzfristiger Erkrankung des Pflichtverteidigers für einen Tag der Hauptverhandlung ein anderer Verteidiger bestellt, um einen Zeugen aus dem Ausland vernehmen zu können, ohne dass sich der Ersatzverteidiger in die Sache einarbeiten konnte, so stellt dies eine unzulässige Beschränkung der Verteidigung dar.

In seinem Urteil vom 20. Juni 2013 - 2 StR 113/13 stellte der BGH fest, dass die Regeln der notwendigen Verteidigung nach §§ 140, 145 Abs. 1 StPO verletzt sein können, wenn bei kurzzeitiger Erkrankung des Pflichtverteidigers ein anderer Verteidiger bestellt wird, obwohl dem Gericht die Aussetzung der Hauptverhandlung möglich gewesen wäre.
Dazu führt der BGH aus, dass die grundsätzliche Entscheidung darüber, ob bei Ausbleiben des Verteidigers ein neuer Verteidiger beizuordnen oder die Hauptverhandlung auszusetzen oder zu unterbrechen ist, im Ermessen des Gerichts steht. Dafür sei entscheidend, ob der Strafverteidiger sich selbst für hinreichend vorbereitet hält, wobei das Gericht grundsätzlich nicht dazu berufen sei dies zu überprüfen. Lediglich in Fällen, bei denen der Verteidiger objektiv nicht genügend Zeit hatte sich vorzubereiten, gebiete die Fürsorgepflicht des Gerichts die Prüfung oder Aussetzung des Verfahrens.
Im zu verhandelnden Fall hatte der neue Verteidiger, trotz erheblichen Aktenumfangs, nur eine Stunde Zeit, um sich in das Verfahren einzuarbeiten. Da er sich aufgrund dieser kurzen Vorbereitungszeit nicht annähernd auf den Stand des Verfahrens bringen konnte, hätte das Gericht davon ausgehen müssen, dass die Verteidigung nicht mit der vom Gesetz verlangten Sicherheit geführt werden kann. Auch die Absicht, einem Zeugen aus dem Ausland die erneute Anreise zu ersparen, könne das rechtstaatlich gebotene Recht auf eine angemessene und effektive Verteidigung nach Art. 6 Abs. 3c EMRK nicht wirksam beschränken.

Anwalt für Strafrecht: räuberische Erpressung

Soll einer Prostituierten der Verzicht auf das vereinbarte Entgelt abgenötigt werden, so stellt dies nur dann eine versuchte schwere räuberische Erpressung dar, wenn die abgesprochene sexuelle Handlung zuvor einvernehmlich erbracht worden ist.

In seinem Beschluss vom 1. August 2013 stellte der Bundesgerichtshof fest, dass keine versuchte schwere räuberische Erpressung nach § 253 Abs. 1, §§ 255, 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB vorliegt, wenn einer Prostituierten der Verzicht auf das vereinbarte Entgelt vor einvernehmlicher Erbringung der abgesprochenen sexuellen Handlung abgenötigt werden soll. Zur Begründung führt der BGH an, dass die Erzwingung des Geschlechtsverkehrs ohne Entgelt keinen für § 253 Abs. 1 StGB erforderlichen Vermögenswert innehat, da jede bindende Verpflichtung zur Vornahme sexueller Handlungen mit dem Schutz der Menschenwürde unvereinbar ist. Daher könne allenfalls bei freiwillig erbrachten sexuellen Handlungen von einer durch die Rechtsordnung nicht missbilligten Dienstleistung und damit von einem Vermögensbestandteil gesprochen werden. Dem stehe auch das 2002 in Kraft getretene Prostitutionsgesetz (ProstG) nicht entgegen, nach dem eine Prostituierte erst dann eine rechtswirksame Forderung erwirbt, wenn die sexuelle Handlung gegen ein zuvor vereinbartes Entgelt vorgenommen wurde. Dem gegen den Willen der Prostituierten erzwungenen Geschlechtsverkehr sei vielmehr mit den Tatbeständen der sexuellen Nötigung (§§ 177, 240 Abs. 1, Abs. 4 S. 2 Nr. 1) StGB entgegenzutreten.

Anwalt für Strafrecht: Ordnungswidrigkeit

Wird der im Straßenverkehr notwendige Sicherheitsabstand über mindestens 3 Sekunden oder um die Strecke von 140 m vorwerfbar unterschritten, so kann dies mit einem Bußgeld geahndet werden.

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat mit seinem Beschluss vom 09.07.2013 - 1 RBs 78/13 die Grenzen für das bußgeldpflichtige Drängeln im Straßenverkehr verschärft.
Dazu führte es aus, dass es für die Ahndung eines Abstandverstoßes entscheidend auf eine nicht nur ganz vorübergehende Abstandsunterschreitung ankommt. Damit sollen Fälle, wie zum Beispiel das plötzliche Abbremsen des Vorausfahrenden oder einen abstandsverkürzenden Spurwechsel eines vorausfahrenden Fahrzeugs, bei denen es zwar zu einem kurzzeitig geringen Abstand kommt, dem Nachfahrenden allerdings trotzdem keine schuldhafte Pflichtverletzung angelastet werden soll, ausgeschlossen werden.
Bisher wurde die Frage, wann eine nicht nur ganz vorübergehende Abstandsunterschreitung vorliegt, in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Das OLG Hamm stellt hierzu in seinem Beschluss vor allem auf die zeitliche Komponente ab, nach der nun eine Abstandsunterschreitung für die Dauer von mehr als 3 Sekunden ausreichen soll, wenn vom Betroffenen nicht zu vertretende, zuvor erfolgte abstandsverkürzende Ereignisse, ausgeschlossen werden können. Eine länger andauernde Gefährdung des Straßenverkehrs durch Unterschreitung des gebotenen Sicherheitsabstandes sei nicht hinnehmbar und könne nicht mehr als vorübergehender Pflichtenverstoß bewertet werden.
Um allerdings besonders schnell fahrende Fahrzeugführer nicht zu privilegieren, soll nach Ansicht des OLG auch derjenige eine Ordnungswidrigkeit begehen, der auf einer Strecke von jedenfalls 140 m den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht einhält. Auch hier müsse allerdings der Ausschluss von abstandsverkürzenden Ereignissen, auf die der Betroffene nicht reagieren konnte, gewährleistet werden.

Anwalt für Strafrecht: Verkehrsrecht / Akteneinsichtsrecht in die Bedienungsanleitung von Geschwindigkeitsmessgeräten

Die Vorenthaltung der Bedienungsanleitung kann eine unzulässige Beschränkung der Verteidigung nach § 338 Nr. 8 StPO darstellen.

Dies erfordere jedoch einen Antrag auf Akteneinsicht und Unterbrechung bzw. Aussetzung in der Hauptverhandlung und einen ablehnenden Gerichtsbeschluss.

Mit der Verfahrensrüge sei sodann vorzutragen, welche Tatsachen sich aus welchen genau bezeichneten Stellen der Akten ergeben hätten und welche Konsequenzen für die Verteidigung darauf gefolgt wären.

Sollte dies wegen des vorenthaltenen Aktenmaterials nicht möglich sein, weil dem Verteidiger die Akten nicht zugänglich gemacht worden sind, müsse der Verteidiger dartun, dass und wie er sich bis zum Ablauf der Frist zur Begründung der Verfahrensrüge weiter erfolglos um Einsichtnahme bemüht habe.

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 07. Januar 2013 - 3 Ws(B) 596/12

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