Urteile und Entscheidungen im Strafrecht

Auf dieser Seite finden Sie den vollständigen Text der Entscheidungen, die für die Strafrechtskanzlei Dietrich relevant sind.

Über das Auswahlmenü für Kategorien oder die Volltextsuche in der linken Spalte und auf der Suchseite können Sie die für sie interessanten Entscheidungen weiter einschränken.

Anwalt für Strafrecht: Raub

Die gewaltsame Wegnahme eines Mobiltelefons zwecks Durchsuchens und Kopierens von Bilddateien begründet nicht die Strafbarkeit wegen Raubes nach § 249 Abs. 1 StGB

Die für den ''Raub'' nach § 249 Abs. 1 StGB erforderlichen Zueignungsabsicht fehlt, wenn der Täter bei gewaltsamer Ansichnahme eines Mobiltelefons lediglich beabsichtigt, den Speicher zu durchsuchen und die dabei aufgefunden Bilddateien zu kopieren. Durch dieses Verhalten eignet er sich weder den Sach- oder Substanzwert des Mobiltelefons an, noch wird dessen Wert durch den vorübergehenden Gebrauch gemindert.

Das Kopieren der aufgefundenen Bilddateien stellt zwar einen bestimmungsgemäßen Gebrauch der Sache dar, führt aber nicht zu einer Strafbarkeit wegen ''Raubes'', da die Bilddateien durch das Kopieren nicht verbraucht werden.

Auch der Einsatz von Gewalt, um die Erzwingung einer Gebrauchsanmaßung zu erreichen oder den Eigentümer durch bloßen Sachentzug zu ärgern, begründet keine Strafbarkeit nach § 249 StGB. Dem Täter fehlt es hierbei an dem für die Aneignung erforderlichen Willen, den Bestand seines Vermögens oder den eines Dritten zu ändern.

Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in dem Verfahren 3 StR 392/11 und hob damit die vom Landgericht Duisburg ausgesprochene Verurteilung des Angeklagten wegen ''Raubes'' und ''gefährlicher Körperverletzung'' zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten auf. Das Verhalten des Angeklagten erfüllt nach Ansicht des BGH lediglich den Tatbestand der ''Nötigung'' nach § 240 Abs. 1 StGB.

Anwalt für Strafrecht: Totschlag

Ein gezielter Messerstich in den Brustkorb des Opfers begründet nicht zwingend die Annahme eines direkten Tötungsvorsatz beim Täter, so dass auch lediglich eine Bestrafung wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Betracht kommt

Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte am 16.8.2012 in dem Verfahren 3 StR 237/12 ein Urteil des Landgerichts Osnabrück, in dem der Angeklagte wegen ''Körperverletzung mit Todesfolge'' zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt wurde.

Der Angeklagte hatte sein Opfer in alkoholisiertem Zustand nach einer körperlichen Auseinandersetzung mit einem Klappmesser gezielt in die linke Brusthälfte gestochen. Das Opfer verstarb kurze Zeit später im Krankenhaus an seinen Verletzungen.

Die Nebenklägerin legte gegen das Urteil des Landgerichts Osnabrück Revision vor dem BGH ein, da das Landgericht bei dem Angeklagten keinen Tötungsvorsatz festgestellt und ihn deswegen nicht wegen ''Totschlags'' verurteilt hatte.

Allerdings konnte sich auch der BGH nur von einem direkten ''Körperverletzungsvorsatz'' überzeugen. Er führte aus, dass der Täter, um einen ''Tötungsvorsatz'' annehmen zu können, den Tod des Opfers als nicht ganz fern liegend erkennen und diesen Erfolg billigen oder sich zumindest um des erstrebten Zieles willen damit abfinden muss.

Zwar war der gezielte Messerstich in den Brustkorb des Opfers eine hochgradig gefährliche Gewaltanwendung, die als Indiz für die Billigung des Todes gegen den Angeklagten gewertet wurde.

Zugunsten des Angeklagten wurde allerdings der unter enthemmender Wirkung von Alkohol spontan ausgeführte Messerstich, das fehlende Tötungsmotiv und die im Allgemeinen nicht zu Aggressionen neigende Persönlichkeit des Angeklagten berücksichtigt. Aufgrund der hohen Hemmschwelle gegenüber einer Tötung kam damit auch der BGH zu dem Entschluss, dass der Angeklagte sich zwar der Gefahr des Todeseintritts bewusst war, er diesen aber zu keinem Zeitpunkt innerlich als Resultat seiner Tat gebilligt hat.

Anwalt für Strafrecht: Brandstiftung

Eine durch Brandlegung bewirkte Verrußung einer Teeküche stellt keine teilweise Zerstörung eines Gebäudes dar und begründet somit nicht die Strafbarkeit wegen Brandstiftung gemäß § 306 Abs. 1 StGB

Der vor dem Landgericht München Angeklagte wollte im Verwaltungsgebäude des geschädigten Unternehmens einen ''Brand legen'', indem er in der Teeküche des Gebäudes eine Kaffeemaschine auf eine Herdplatte stellte und diese dann auf maximale Leistung schaltete.

Der geplante Brand sollte damit wie die Folge einer Nachlässigkeit aussehen. Tatsächlich geriet nur die Kaffeemaschine in Brand und es kam zu einer Verrußung der Küche, die dadurch unbenutzbar wurde. Außerdem entstanden Putzabplatzungen an der Decke und es lösten sich zwei Wandfließen.

Das ''Landgericht München'' hatte den Angeklagten wegen ''vorsätzlicher Brandstiftung'' zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt. In der Revision wurde dieses Urteil vom Bundesgerichtshof (BGH) in dem Verfahren 4 StR 344/11 aufgehoben und an das Landgericht zurückverwiesen.

Der BGH machte deutlich, dass die teilweise Zerstörung eines zu gewerblichen Zwecken genutzten Gebäudes wegen der hohen Strafandrohung des § 306 StGB eine Zerstörung von Gewicht erfordert. Das Gebäude muss für eine nicht unbeträchtliche Zeit wenigstens für einzelne seiner Zweckbestimmungen oder ein für die ganze Sache zwecknötiger Teil muss unbrauchbar gemacht werden. Nach Ansicht des BGH liegt dies bei einer Teeküche aufgrund ihrer untergeordneten Bedeutung für den Widmungszweck des Verwaltungsgebäudes eher fern. Sie kann auch nicht als zwecknötiger Teil des Gebäudes angesehen werden. Das für die ''Brandstiftung'' nach § 306 Abs. 1 StGB erforderliche Gewicht ist demnach nicht erreicht.

Anwalt für Strafrecht: Bedrohung

Eine im Zustand momentaner Erregung ausgesprochene Drohung wie "Ich schlag` Dich tot!" genügt nicht unbedingt für die Verwirklichung des Bedrohungstatbestandes des § 241 Abs. 1 StGB

Der ''Bedrohung'' gemäß § 241 StGB macht sich strafbar, wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht.

Es ist nicht erforderlich, dass das Opfer die Bedrohung tatsächlich ernst nimmt und der Täter die Drohung verwirklichen will oder kann. Ausgenommen sind allerdings alle Ankündigungen, die nicht als objektiv ernstzunehmende ''Bedrohung'' mit einem Verbrechen angesehen werden können, selbst wenn der Bedrohte sich von den Ankündigungen beeindrucken lässt.

Eine solche nicht ernstzunehmende ''Bedrohung'' nahm das Amtsgericht ''Rudolstadt'' in dem Verfahren 355 Js 15271/12 - 1 Ds jug an und lehnte die Eröffnung des Hauptverfahrens mit Beschluss vom 9.7.2012 mangels Erfüllung eines Straftatbestands ab.

Die Staatsanwaltschaft hatte gegen den in einer therapeutischen Förderanstalt untergebrachten Angeschuldigten Anklage erhoben, weil er seiner Erzieherin, nach einem missverständlichen Telefonat mit seiner Mutter, den Telefonhörer vor die Füße warf und wutentbrannt behauptete, die Erzieherin habe seiner Mutter "Scheiße erzählt". Dabei fuchtelte er mit der Faust vor ihrem Gesicht herum und schrie: "Ich schlag` Dich tot!".

Das Amtsgericht machte deutlich, dass es sich bei der Äußerung des Angeschuldigten nur um eine "jugendliche Groß- und Wichtigtuerei" handelt, die dem "jugendlichen Übermut und somit den Antriebskräften der Entwicklung" entsprungen ist. Kriminelles Unrecht mit tatbestandlicher Relevanz sei ihr jedoch, unter Berücksichtigung des Umfeldes und der Eigenart der beteiligten Personen, nicht zuzusprechen.

Anwalt für Strafrecht: Strafprozessrecht

Selbstgespräche unterliegen im Strafverfahren einem Verwertungsverbot und können somit trotz Überwachung nicht verwendet werden

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 22.12.2011 - 2 StR 509/10 das mittels akustischer Überwachung aufgezeichnete Selbstgespräch eines Beschuldigten für unverwertbar erklärt.
Dem Beschuldigten wurde vorgeworfen, seine Ehefrau im Zusammenwirken mit weiteren Mittätern ermordet zu haben. Aufgrund einer ordnungsgemäßen richterlichen Anordnung gemäß § 100f StPO wurde eine elektronische Überwachung im Auto des Beschuldigten durchgeführt. Der Beschuldigte äußerte in den aufgezeichneten Selbstgesprächen unter anderem: "oho I kill her? oh yes, oh yes? and this is my problem?", sowie "nö, wir haben sie tot gemacht?".
Der Bundesgerichtshof entschied, dass diese Aussagen dem selbstständigen ''Beweisverwertungsverbot'' von Verfassungs wegen unterliegen, da die Abhörmaßnahme den absolut geschützten Kernbereich der Persönlichkeitsentfaltung (Art.2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG) verletzt hat.
Der Grund für den Schutz eines solchen Kernbereichs ist, dass sich jeder Mensch in einem Rückzugsraum mit dem eigenen Ich befassen können soll, ohne Angst vor staatlicher Überwachung haben zu müssen. Auch ein Alleinsein mit sich selbst in einem Pkw begründet diesen Schutz, da hier das Risiko einer Außenwirkung der spontanen Äußerungen nahezu ausgeschlossen ist. Die Nichtöffentlichkeit der Gesprächssituation und die mögliche Unbewusstheit über die Äußerungen im Selbstgespräch mussten deshalb zu einem Verwertungsverbot der erlangten Informationen führen.

Anwalt für Strafrecht: Körperverletzung

Eine religiös motivierte Beschneidung kann als Körperverletzung gem. § 223 StGB gewertet werden, ohne dass Eltern in die Körperverletzung einwilligen können

Das Landgericht Köln hat in seiner Entscheidung vom 7.5.2012 - 151 Ns 169/11 die religiös motivierte Beschneidung eines nicht einwilligungsfähigen männlichen Kleinkindes als tatbestandsmäßige ''Körperverletzung gemäß § 223 StGB'' gewertet.

Das Landgericht Köln sah den Tatbestand der ''Körperverletzung'' durch die Operation als erfüllt an. Die Einwilligung der Eltern zur Beschneidung ihres 4-jährigen Sohnes wurde nicht als sozialadäquat und damit tatbestandsausschließend anerkannt. Auch eine rechtfertigende Einwilligung der Eltern sah das Gericht nicht als gegeben an. Dies begründete es damit, dass vom Sorgerecht der Eltern im Sinne des § 1627 BGB nur solche Erziehungsmaßnahmen gedeckt sind, die dem Wohl des Kindes dienen. Die Beschneidung eines Jungen hingegen entspricht nach dem Landgericht Köln "''weder unter dem Blickwinkel der Vermeidung einer Ausgrenzung des innerhalb des jeweiligen religiös gesellschaftlichen Umfelds noch unter dem des elterlichen Erziehungsrechts dem Wohl des Kindes''". Die Religionsfreiheit und das Erziehungsrecht der Eltern aus Art. 4 I, 6 II GG werden durch das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung gemäß Art. 2 I und II 1 GG begrenzt. Selbst wenn man die Beschneidung unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für erforderlich hält, ist sie nach Auffassung des Gerichts jedenfalls unangemessen. Der Körper des Kindes würde dauerhaft verändert und laufe dem Interesse des Kindes, später selbst über seine Religionszugehörigkeit entscheiden zu können, zuwider.
Der Angeklagte Arzt, der die Beschneidung durchgeführt hatte, wurde vom Landgericht Köln dennoch freigesprochen. Aufgrund der unklaren Rechtslage zur Beschneidung musste das Gericht einen Verbotsirrtum annehmen, da selbst der Versuch des Angeklagten, sich über die Rechtslage zu informieren, zu keinem eindeutigen Ergebnis geführt hätte.

Anwalt für Strafrecht: Körperverletzung

Das Bespritzen mit Sperma kann eine Körperverletzung darstellen, die bei einer Vorstrafe wegen exhibitionistischer Handlungen bereits zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten führen kann

Das Amtsgericht Lübeck hat in seiner Entscheidung vom 08.06.2011 - 746 Js 13196/11 festgestellt, dass sich jemand wegen vorsätzlicher ''Körperverletzung'' nach § 223 StGB strafbar macht, wenn er sein Opfer mit zuvor abgefülltem Sperma bespritzt und damit ihm zurechenbare psychische oder physische Beeinträchtigungen beim Geschädigten verursacht. Die Beeinträchtigungen müssen allerdings über die Erregung ein bloßes Ekelgefühls hinausgehen, um den Tatbestand des § 223 StGB zu erfüllen.

Der Angeklagte hatte eine Frau, die mit ihrer 7-jährigen Tochter in der Warteschlange eines Supermarkts vor ihm stand, mit zuvor abgefülltem Sperma im Bereich des Gesäßes bespritzt. Die Geschädigte bemerkte die feuchte Stelle im Rückenbereich und erkannte durch den Geruch, dass es sich bei der auf ihrer Kleidung befindlichen Flüssigkeit um Sperma handelte.
Als Folge der Tat litt sie unter erheblichen psychischen Belastungen und massiven Schlafstörungen. Dies war auch darauf zurückzuführen, dass sie im Alter von 15 Jahren Opfer einer Vergewaltigung geworden ist. Außerdem leidet die Geschädigte an der Krankheit Multiple Sklerose, die zusammen mit dem Stress der Tat wiederholte und massive Krampfanfälle ausgelöst hat.

Das Amtsgericht Lübeck ist der Auffassung, dass solche psychischen Vorbeeinträchtigungen des Opfers und die dadurch wieder ausgelösten somatischen Folgen nicht ungewöhnlich und somit für den Täter vorhersehbar sind. Er kann schlichtweg nicht darauf vertrauen, nicht auf ein vorgeschädigtes Opfer zu treffen. Da der Angeklagte zudem einschlägig wegen ''exhibitionistischen Handlungen'' vorbestraft war, wurde er wegen ''vorsätzlicher Körperverletzung'' zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten verurteilt, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Anwalt für Strafrecht: Verkehrsstrafrecht / Drogen

Keine Grenzwerte bei Kokainkonsum, bei deren Überschreitung die absolute Fahruntüchtigkeit begründet werden kann

Strafbar nach § 316 StGB macht sich, wer im Verkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses von alkoholischer Getränke oder anderen berauschenden Mitteln nicht in der Lage dazu ist (Trunkenheitsfahrt).

In seiner Entscheidung im Verfahren (524) 11 Ju Js 1853/10 (36/11), 524 - 36/11 stellte das Landgericht ''Berlin'' fest, dass die Überschreitung der festgelegten Grenzwerte von 10 ng/ml ''Kokain'', im Gegensatz zu dem bei ''Alkoholkonsum'' festgelegten Grenzwert von 1,1 ?, nicht zur Annahme einer absoluten ''Fahruntüchtigkeit'' gem. § 316 StGB führt. Die beschriebene Mindestmenge stellt lediglich ein sicheres Indiz für Kokainkonsum dar.

Zwar erkennt das Landgericht Berlin einen Widerspruch darin, dass der Erwerb von ''Drogen'' strafrechtlich sanktioniert wird, während es ungestraft bleibt sich unter Drogeneinfluss ans Steuer zu setzen. Es führt jedoch aus, dass dieser Widerspruch nicht durch die Aufstellung irgendwelcher Grenzwerte von Gerichten selbst, sondern nur vom Gesetzgeber gelöst werden kann.

So konnte die Angeklagte, bei der trotz 14 ng/ml ''Kokain'' keinerlei Auffälligkeiten in ihrem Fahrverhalten festgestellt werden konnten, lediglich zu einer Geldstrafe von 500,-? wegen einer fahrlässigen ''Verkehrsordnungswidrigkeit'' verurteilt werden.

Anwalt für Strafrecht: Ordnungswidrigkeit / "Vier-Augen-Prinzip" bei Geschwindigkeitsmessung mit einem Lasermessgerät

Ein "Vier-Augen-Prinzip", nach dem eine Geschwindigkeitsmessung mit einem Lasermessgerät nur dann zur Grundlage einer Verurteilung in einer Bußgeldsache gemacht werden kann, wenn der vom Gerät angezeigte Messwert und seine Übertragung in das Messprotokoll von einem zweiten Polizeibeamten kontrolliert worden ist, gibt es nicht.

Nach einem Beschluss des 3. Senats für ''Bußgeldsachen'' des Oberlandesgerichts Hamm vom 21.06.2012
- III-3 RBs 35/12 - kann ein vom Lasergerät angezeigter Messwert im Einzelfall nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung verwendet werden.

Das Amtsgericht hatte den Betroffenen wegen ''fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung'' verurteilt. Den Verstoß hatte das Amtsgericht auf der Grundlage der Zeugenaussage eines Polizeibeamten festgestellt, der das Ergebnis der mit einem ''Lasermessgerät'' durchgeführten Geschwindigkeitsmessung allein vom Anzeigefeld des Messgerätes abgelesen und in das schriftliche Messprotokoll eingetragen hatte. Eine Kontrolle der Richtigkeit des abgelesenen und eingetragenen Wertes durch einen anderen Polizeibeamten erfolgte nicht. Hiergegen wandte sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, mit der er rügte, dass das ihm vorgehaltene Messergebnis wegen der Verletzung eines "Vier-Augen-Prinzips" nicht gegen ihn verwertbar sei.

Der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm hat die Entscheidung des Amtsgerichts bestätigt. Das vom Betroffenen angeführte "Vier-Augen-Prinzip" gebe es nicht. Auch bei Lasermessgeräten, die ein Messergebnis nicht fotografisch-schriftlich dokumentierten, sei der vom Gerät angezeigte Messwert und dessen Zuordnung zu einem bestimmten Fahrzeug im Einzelfall nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu beurteilen und könne z. B. durch Zeugenaussage eines beteiligten Polizeibeamten geklärt werden. Es existiere kein Beweisverbot, das die Verwertung eines allein von einem - und ohne Kontrolle durch einen weiteren - Polizeibeamten festgestellten Messwertes untersage. Wegen des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung gebe es auch es keine Beweisregel, die ein derartiges "Vier-Augen-Prinzip" als Voraussetzung für gerichtliche Feststellungen vorschreibe.

Anwalt für Strafrecht: Straßenverkehrsrecht / altersbedingter Entzug der Fahrerlaubnis

Das hohe Alter eines Kraftfahrers rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme einer Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen.

Nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 02.05.2012 - OVG 1 S 25.12 - bietet nicht jeder Abbau der geistigen und körperlichen Kräfte Anlass für eine Entziehung oder Beschränkung der Fahrerlaubnis. Hinzutreten muss vielmehr, dass es im Einzelfall zu nicht mehr ausreichend kompensierbaren, für die Kraftfahreignung relevanten Ausfallerscheinungen oder Leistungsdefiziten gekommen ist.

Allerdings kann der im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigende Gesichtspunkt einer jahrzehntelangen unfallfreien Teilnahme am Straßenverkehr den Befund, dass der Inhaber der Fahrerlaubnis aktuell nicht mehr befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, nicht ohne Weiteres entkräften. Auch wenn die Entziehung der Fahrerlaubnis für einen älteren und kranken Menschen als gravierende Verschlechterung seiner Lebensqualität empfunden wird, so muss dies im Hinblick auf seine eigene Sicherheit und die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer dann zurückstehen, wenn der Fahrerlaubnisinhaber den komplexen Anforderungen des heutigen öffentlichen Straßenverkehrs nicht mehr gerecht wird.

Zu prüfen ist daher immer, ob im konkreten Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für eine Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen vorliegen.